Menu
Das aufgestockte Bestandsgebäude, ein Backsteinbau aus den 1930er Jahren, sieht aus wie ein moderner Neubau. Es erscheint wie aus einem Guss, da Dach- und Wandflächen fließend ineinander übergehen. Das Stadthaus erhielt drei neue Geschosse, die beiden Bestandsgeschosse beherbergen heute die Büroräume. (© Brigida González)

Monolith in zweiter Reihe

Mit der Aufstockung eines in zweiter Reihe stehenden Wohngebäudes an der Stuttgarter Olgastraße haben die Architekten mitten im Stadtzentrum neue attraktive Räume für Wohnen und Arbeiten geschaffen. Entstanden sind drei Wohnungen, zwei Ein-Zimmer-Apartments sowie Büroräume. Das Treppenhaus wurde einfach außen dazugestellt.

Mit der Aufstockung erreicht das Haus eine Höhe von 14,50 m und "rutscht" damit in die Gebäudeklasse 4, was entsprechende Brandschutzanforderungen nach sich zog. Das Treppenhaus wurde einfach außen dazu gestellt und dient damit gleichzeitig als Fluchtweg. (© Brigida González)

Verkürze Bauzeit dank Vorfertigung

Der als „Stadthaus OS 66.1“ bezeichnete aufgestockte Baukörper wirkt dank der hellgrauen Polyurethan-Spritzbeschichtung der Dachhaut und dem gleichfarbigen Putz auf den gedämmten Außenwänden von außen wie ein einfarbiger Monolith. Er unterscheidet in seiner Formsprache weder zwischen Alt und Neu, noch zwischen Dach- und Wandfläche. Bis er so aussah, wie er heute aussieht, hat man den Backsteinbau aus den 1930er-Jahren zunächst bis zu den Wänden des ersten Obergeschosses zurückgebaut, den Bestand dann von der Gründung aufwärts mit Stahl und Betonscheiben verstärkt, und das Ganze mit einer kombinierten Holz-Stahl-Konstruktion wieder aufgebaut bzw. zweigeschossig aufgestockt. An die hierfür aufgestellten Stahlrahmen wurden die Holzrahmen-Elemente der Gebäudehülle anschraubt. Spezielle und projektspezifisch vorgefertigte, das heißt exakt auf die Bauaufgabe zugeschnittene Brettsperrholz-Rippenelemente bilden die Dach- und Geschossdecken aus. Deren hoher Vorfertigungsgrad trug hier wesentlich zur Bauzeitverkürzung bei. Die Gebäudeaussteifung übernehmen verschiedene Wandscheiben in Ebene der Außen- und Innenwände sowie die Deckenscheiben.

Auch die Innenräume sind hell und modern ausgebaut. In den Wohnetagen bieten die Brettsperrholz-Decken mit sichtbar belassener Untersicht nicht nur eine ansprechende Ästhetik, sondern auch eine gute Raumakustik.(© Brigida González)

Auf die beplankten Holzrahmen der Gebäudehülle folgen mit Dreischichtplatten verschalte Dämmständer als Aufdoppelungen. Bei dem 14,50 m hohen Wohnhaus, das der Gebäudeklasse 4 zugeordnet ist, kam im Obergeschoss aus Brandschutzgründen Mineralwolle als Dämmung zum Einsatz, weiter oben Zellulose.

Zur Energieversorgung des Gebäudes dient eine Luft/Wasser-Wärmepumpe in Verbindung mit einer Fußbodenheizung und dezentralen Be- und Entlüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung. Insgesamt erreicht der Wohnbau nach Fertigstellung den Passivhausstandard. 

(Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe, und Dipl.-Ing. Architektin Christine Ryll, München)

Visualisierung des Holz-Stahl-Tragwerks für Rekonstruktion und Aufstockung (© Graf + Kübler Abbundzentrum)
Spezielle Brettsperrholz-Rippendecken bilden u.a. die Geschossdecken aus. Sie kommen elementweise vorgefertigt auf die Baustelle, wo sie schnell und einfach montiert werden können. (© Holzbau Schaible)

Projektdaten im Überblick:

Bauherr:
Hans-Peter Obermaier, D-73760 Ostfildern-Nellingen

Architekten:
g2o Architekten GmbH, D-70193 Stuttgart,
www.g2o-arch.eu

Wohnfläche: 475 m2

Bürofläche: 130 m2

Energiestandard: Passivhaus

Tragwerksplaner:
Helber + Ruff, Ludwigsburg, D-71640 Ludwigsburg,
www.helber-ruff.de

Holzbau:
Holzbau Schaible GmbH, D-72218 Wildberg-Schönbronn,
www.holzbau-schaible.de

Holz-Deckenelemente:
Lignotrend Produktions GmbH, D-79809 Weilheim-Bannholz,
www.lignotrend.com

Fertigstellung: 2017

Auszeichnungen:

  • Beispielhaftes Bauen Stuttgart 2019
  • Hugo-Häring Auszeichnung 2020