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Der verglaste Foyerbereich dient als Verbindungsbau zwischen den beiden Gebäude-„Blöcken“, die jeweils auf quadratischen Grundflächen stehen. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Der Neubau wurde auf dem ehemaligen Parkplatz der Uni Witten Herdecke gebaut und verbindet das Hauptgebäude (weißes Gebäude dahinter) mit mit dem FEZ und dem ZBZ (beide hier nicht im Bild). (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Das neue Gebäudeensemble auf dem Campus der Universität Witten/Herdecke gilt als einer der nachhaltigsten Hochschulbauten Deutschlands. Der in der Höhe gestaffelte Holzbau steht auf einem massiven Hanggeschoss und bietet mit seinem Tragwerkskonzept maximale Nutzungsflexibilität. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Hochflexibler Campus-Neubau aus Holz

Neubau Campus-Erweiterung Witten/Herdecke:
Ein "Zukunftstraum" in Holzhybridbauweise

Der Campus der Universität Witten/Herdecke ist seit Herbst 2021 um einen viergeschossigen Holz-Hybridbau reicher. Mit dem als ‚Zukunftsraum‘ bezeichneten Gebäude entstand einer der nachhaltigsten Hochschulbauten Deutschlands – nicht nur in Sachen Baustoffwahl, sondern auch wegen seiner hohen Nutzungsflexibilität, die auch zukünftigen Generationen noch optimale Arbeits- und Lernbedingungen bieten wird.

„Von unserer Universität soll in Lehre und Forschung immer wieder neu innovatives und nachhaltiges Handeln ausgehen. Für dieses Ziel brauchen wir ein Campus-Konzept, das trotz der rasanten Veränderungen und Herausforderungen an eine Universität des 21. Jahrhunderts auch in einigen Jahrzehnten noch funktioniert und modern bleibt. Unser neuer ‚Zukunftsraum‘ in Holz bietet dazu alle Voraussetzungen.“

Prof. Dr. Martin Butzlaff
Präsident der Universität Witten/Herdecke 

Foto: Universität Witten/Herdecke

Maximale Nutzungsflexibilität
mit Holzskelett-Tragwerk

Zwischen dem postmodernen Uni-Hauptgebäude im Osten und dem relativ schlichten FEZ-Gebäude im Westen fügt sich nun der neue Holz-Hybrid-Gebäudekomplex auf dem Campus ein. Am Siegerentwurf des 2017 dafür ausgelobten universitären Wettbewerbs gefiel der Bauherrschaft nicht nur die Gestaltung, sondern auch die Idee, den Campus-Neubau in Holz zu errichten. Das Gebäudeensemble mit Bibliothek, großem Veranstaltungsraum, Café-Bar sowie Büro- und Seminarräumen steht auf zwei annähernd quadratische Grundflächen, die durch einen kleinen zentralen Zwischenbau mit einer ebenfalls quadratischen Grundfläche scharnierartig verbunden sind. Durch die unterschiedlich gestalteten Grundrisse der Geschosse, die in Bezug auf die Hauptfassaden zum Teil auch zurück genommen wurden, um Dachterrassen vorzusehen oder Lichtschneisen zu schaffen, entsteht der Eindruck eines gestaffelten Bauwerks aus ein-, zwei-, drei- oder viergeschossigen Gebäudeteilen.

Als zentrales Thema stand bei der Planung vor allen Dingen der Wunsch der Universität nach größtmöglicher Nutzungsflexibilität im Mittelpunkt. Daraus resultierte die Entscheidung, eine Holzskelett-Konstruktion als Tragwerk zu wählen und dabei die Anzahl der Stützen innerhalb des Gebäudes auf ein Minimum zu reduzieren und dieses „Gerüst“ dann mit Decken- und Wandscheiben aus Brettsperrholz auszufachen bzw. zu umhüllen. Wegen der leichten Hanglage sah die Planung ein Sockelgeschoss vor, das als Hanggeschoss einseitig im Erdreich liegt und daher in Stahlbeton ausgeführt wurde. Auf diesem steht der gestaffelte Holzbau. So tritt der Neubau nach Fertigstellung dort, wo das Hanggeschoss sichtbar wird, und je nachdem, von welcher Seite man ihn betrachtet, mal als Dreigeschosser und mal als Viergeschosser mit zurück verspringendem Dachgeschoss in Erscheinung.

Die Universitätsbibliothek bietet vielfältige Lern- und Arbeitsbereiche. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
(Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
(Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
(Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)

Kombination mit Brettsperrholz-Gebäudehülle
für umfangreiches Raumprogramm

Auf Basis des Raumprogramms wurden die verschiedenen Grundrisse entwickelt und in einem Teil des Ensembles durch einen Einschnitt ins Gebäudevolumen U-förmige Flächen zur Anordnung der Räume mit beidseitiger Tageslichtversorgung ermöglicht. Der Zugang zu den Geschossen der beiden Haupt-Blöcke erfolgt jeweils über einen Erschließungskern mit Treppe und Aufzug sowie über die halbe Wendeltreppe des Foyers. Zur Aussteifung und aus Brandschutzgründen sind die Erschließungskerne in Stahlbeton errichtet worden.

Die tragende Holzkonstruktion im Innenbereich bilden Stützen und Doppel-Träger aus Brettschicht(BS)-Holz sowie Decken- und Dachelemente bzw. Außenwand-Elemente in Kombination mit ebenso dicken Unterzügen und wandartigen Trägern aus Brettsperrholz (BSP). Die drei Letztgenannten formen die Gebäudehülle. Dabei wurden die Unterzüge und wandartigen Träger jeweils zwischen zwei Wandscheiben in entsprechende Ausklinkungen „eingehängt“. Um eine direkte Lastdurchleitung der übereinanderstehenden Stützen zu erreichen, wurden die Stützenköpfe seitlich so hoch ausgeklinkt, dass hier zum einen beidseitig die BS-Holz-Träger aufgelagert und zum anderen die Restquerschnitte der Stützen in entsprechende Aussparungen in den Deckenelementen eingefädelt werden konnten. Auf das Hirnholz der Stützenenden setzt dann die jeweils nächste Stütze des Folgegeschosses auf.

Um den großen Veranstaltungsraum stützenfrei zu halten, haben die Ingenieure das Tragsystem noch um Holz-Stahl-Sprengwerke ergänzt. Sie überspannen mit knapp 15 m Länge den Raum. Die Stahluntergurte der Sprengwerke wurden in der Geschossdecke integriert, der hölzerne Teil bleibt in den Räumen über dem Versammlungsraum als Sprengwerk und damit als gestaltendes Element sichtbar.

Durch die Holzbauweise können etwa 850 Tonnen CO2 gegenüber anderen Bauweisen gespart werden. 

(Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe)

Auf dem Luftbild ist die Anordnung der Gebäudeteile gut ersichtlich: Die zwei quadratischen Blöcken verbindet ein scharnierartiger Zwischenbau. Der rechte Block gibt noch Einblick in die regelmäßige Struktur der Skelettkonstruktion aus Stützen und Trägern. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Die Holz-Stahl-Sprengwerke wurden vorgefertigt und als Ganzes per Kran eingehoben. Sie überspannen mit 15 m den darunter liegenden Veranstaltungsraum, der dadurch stützenfrei bleiben konnte. Die Stahluntergurte wurden in der Geschossdecke integriert, die Streben des Sprengwerks bleiben sichtbar. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Zur Ausbildung der Rahmenecken der Sprengwerke über dem Versammlungsraum wurden Pfosten, Riegel und Streben mit speziellen Stahlblech-Formteilen verbunden. So konnten die Lasten aufgenommen und übertragen werden. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Die an den oberen Enden ausgeklinkten Stützen nehmen beidseitig die BS-Holz-Träger auf. Der überstehende „Restquerschnitt“ fädelt bei der Montage der Decken in entsprechende Aussparungen der Elemente ein. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)

Raumprogramm und Flächen

  • Bruttogrundfläche: 6.880m²
  • 9 Seminarräume (7 davon flexibel zusammenschaltbar, für 25-200 Personen)
  • neue, mehrgeschossige Bibliothek
  • Café mit Lounge-Bereich
  • Raum der Stille
  • Wintergarten
  • 3 Dachterrassen
  • großer, flexibel nutzbarer Veranstaltungsraum für bis zu 350 Personen
  • ca. 100 Büroarbeitsplätze für unterschiedliche Nutzungsschwerpunkte
  • 26 studentische Gruppen-Lernräume
  • ca. 100 offene Lernplätze in Kommunikationszonen
  • umfassende Neugestaltung des Campus im Außenraum: Campusplatz mit Café, „Rotes Sofa“, Lernwiesen nach Süden, vielfältige Aufenthaltsmöglichkeiten.
Grundriss erstes Obergeschoss (Zeichnung: Kaden+Lager)
Während im Inneren ein Holzskelett das Tragwerk bildet, bilden Brettsperrholz-Elemente Decken, Dach und die Gebäudehülle aus. (Isometrie: ZÜBLIN Timber)
Blick ins "Treppenauge" der halben Wendeltreppe, die wie eine Skulptur im verglasten Foyer platziert ist und die einzelnen Stockwerke erschließt. (Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)
Der eingerüstete Holzbau mit vorbereiteter Unterkonstruktion für die Montage der Fassade. Schon gut zu erkennen: Die beiden Dachterrassen beidseitig der Lichtschneise.(Foto: Johannes Buldmann/Universität Witten/Herdecke)

Projektdaten im Überblick:

Bauvorhaben: Neubau in Holz-Hybrid-Bauweise zur Campuserweiterung der Universität Witten/Herdecke

Bauzeit: Mai 2020 bis September 2021

Wettbewerbs- und Planungsphase: 2017 bis 2019

Baukosten: 22 Mio. Euro (schlüsselfertiger Neubau samt Planung und Außenanlagen)

Bauherr: Universität Witten/Herdecke, D-58455 Witten, www.uni-wh.de

Generalübernehmer: Ed. Züblin AG, Bereich ZÜBLIN Timber GmbH, D-86551 Aichach, www.zueblin-timber.com

Holzbau: ZÜBLIN Timber GmbH

Architektur: Kaden+Lager, D-10178 Berlin, www.kadenundlager.de

Tragwerksplanung: ifb frohloff staffa kühl ecker, D-12161 Berlin, www.ifb-berlin.de

Brandschutz: Dehne, Kruse Brandschutzingenieure GmbH & Co. KG, D-38518 Gifhorn, www.kd-brandschutz.de

TGA, Bauphysik: TRANSPLAN Technik-Bauplanungs GmbH, D-70563 Stuttgart, www.transplan-technik.de