Menu

Viel Holz im Athletendorf Paris

Paris wollte im Vorfeld der Olympischen Spiele, die 2024 in der französischen Metropole stattgefunden haben, viel tun im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Überhaupt ist die Stadt, respektive ihre Bürgermeisterin Anne Hidalgo sehr engagiert, Paris grüner, sozialer und eben nachhaltiger zu machen. Und so sind die meisten Häuser des Olympischen Dorfes, die auf der Ile Saint Denis gebaut wurden, Holzbauten.

Nach den Spielen in 2024 will die Stadt das Olympische Dorf der Öffentlichkeit zugänglich machen bzw. die Häuser sollen ab 2025 für Wohnzwecke, Büros, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen zur Verfügung stehen. Geplant ist, aus den insgesamt 2.800 Wohneinheiten für die Athlet:innen 2.000 Wohnungen für Familien und 800 für Studierende zu machen. Das Athletendorf soll somit als umweltbewusstes Viertel im Stadtteil Saint-Denis, etwa zehn Kilometer nördlich des Stadtzentrums, eingebunden werden. Entsprechend waren auch die Vorgaben für den Bau der Häuser definiert: Alle Gebäude mit weniger als acht Stockwerken sollten komplett aus Holz, alle Gebäude mit acht oder mehr Geschossen überwiegend aus Holz gebaut werden. Die Wohnungen wurden zudem bewusst nicht mit Klimaanlagen ausgestattet. Stattdessen lassen sie sich über ein unterirdisches Wasserkühlsysteme temperieren.

Kerto-Ripa-Elemente: Leicht und stabil

Das Olympische Dorf gliederte sich in der Bauphase in drei Bauabschnitte: zwei davon im Bereich zwischen Seine und der Rue de Saint-Denis sowie die Bebauung auf der Ile Saint-Denis, der Insel in der Seine. 17 der 25 Gebäude auf der Insel wurden von dem französischen Ingenieurbüro Gustave tragwerkplanerisch betreut. Am nördlichen Bereich des Athletendorfes auf der Insel entstand beispielsweise ein Holzbau in Modulbauweise. Die komplett vorgefertigten Boxen waren mit Lastkähnen auf der Seine direkt an die Baustelle geliefert worden. Der Modulbau soll in 2025 als Studierendenwohnheim eröffnet werden.

Auch bei den Projekten mit den klangvollen Namen PB6, PB8, PB9 und PB10 besteht die Tragkonstruktion aus Holz. Hierbei handelt es sich allerdings um Holzskelettbauten, also um Tragwerke aus Stützen und Trägern aus Brettschichtholz sowie Kerto-Ripa-Deckenelementen, die mit den Trägern der Außenwände verschraubt sind. Lediglich für die Dächer kamen Holz-Beton-Verbund-„Decken“ zum Einsatz, um die hohen Lasten von Gründächern mit Baumbewuchs aufnehmen zu können. Während die Wandausfachungen zwischen Stützen und Trägern zur Ausbildung der Außenwände bzw. der Gebäudehüllen nichttragend ausgeführt wurden, übernehmen die Innenwände aus Brettsperrholz den Lastabtrag. Für die Aussteifung der Außenwände sorgen Diagonalen aus Brettschichtholz in Außenwandebene.

Die 28 cm hohen Kerto-Ripa-Deckenelemente bestehen aus Kerto S-Balken und Kerto Q-Platten. Die als Hohlkästen ausgebildeten Elemente bieten eine hohe Formstabilität bei geringem Materialeinsatz und können trotz geringem Eigengewicht große Spannweiten überbrücken. Letzteres ermöglicht es, Grundrisse maximal flexibel einzuteilen – die war für die Häuser des Athletendorfes von großem Vorteil. Die günstige Leicht-und-stabil-Kombination liegt allerdings nicht nur an der Bauweise, sondern auch an dieser maßgeblichen Eigenschaft des Furnierschichtholzes selbst: hohe Festigkeit bei geringem Gewicht. 

Umsetzung der Brandschutzanforderungen

Da es sich bei allen Bauten um Wohngebäude handelt, mussten die Brandschutzanforderungen R60 erfüllt werden. Zudem spielte auch der Schallschutz eine wesentliche Rolle. Die Kerto-Hohlkasten-Elemente wurden zunächst ohne Dämmung auf die Baustelle geliefert. Lediglich eine Membran gegen Feuchtigkeit war ab Werk aufgebracht worden, um das Holz während der Bauphase gegen Witterung zu schützen. Die Schalldämmung zwischen den Rippen wurde dann vor Ort eingebracht. Zwischen den Etagen wird der Schallschutz zudem oberhalb der Elemente durch einen Estrichbelag ergänzt. Um die Brandschutzanforderungen zu erfüllen, erhielten die Deckenelemente von der Unterseite eine Beplankung mit zwei Lagen Gipsplatten. Die Fassadenelemente der Außenwände hingegen waren bereits mit ihrem gesamten Aufbau ab Werk gefertigt und geliefert worden. 

BIM ermöglichte Planungssicherheit und pünktliche Fertigstellung

Gustave Holzbauingenieure „kommunizierte“ während der Planung über BIM (Building Information Modeling), so dass auf Basis des BIM-Modells die jeweils benötigten Kerto-Ripa-Elemente bei Guillet Production und der ISB Group passgenau bestellt und pünktlich geliefert werden konnten. Da der Bau auch in eine Phase der Holzknappheit fiel, war es besonders wertvoll, den Bedarf rechtzeitig ermitteln zu können und damit die Versorgung mit Kerto LVL sicherzustellen. So konnte auch die Herstellerfirma, Metsä Wood, Engpässe bei der Lieferung des Furnierschichtholzes vermeiden. 

Darüber hinaus ermöglichte die Entscheidung für einen hohen Vorfertigungsgrad nicht nur eine  witterungsunabhängige und passgenaue Produktion der Bauteile, sondern auch eine verkürzte Bauzeit. Hier bestand die Herausforderung mehr darin, die Anlieferung der Elemente per LKWs exakt zu planen, da nur eine einzige Brücke auf die Insel führt – ein Nadelöhr bezüglich der vielen Baustellen, die darüber zeitgleich versorgt werden mussten. Doch am Ende hat alles geklappt.

Mit dem Athletendorf für die Olympischen Spiele nahm die Stadt Paris die Gelegenheit wahr, für den französischen sowie internationalen Markt ein Aushängeschild für CO2-armes Bauen zu schaffen. Von vorne herein war ein hoher Anteil an Holz für die Gebäude gefordert, jedoch auch mit der Vorgabe, Holz ressourceneffizient einzusetzen. Repräsentative Beispiele dafür sind etwa die drei Wohnbauten in Holzskelettbauweise mit Kerto-Ripa-Hohlkasten-Decken. 

Steckbrief PB8 und PB9

Bauherr: Pichet Group und Legendre Immobilier

Architekturbüros: Agentur PPX / Fabrice Commerçon und Ibrahima N’Doye / Und Agentur EGA und Agentur NZI

Holzbauingenieur: Gustave Ingenieur du bois (oder Holzingenieur)

Vorfertigung Kerto-Ripa-Elemente: Guillet production und Gipen/Roux

Lieferant / Kerto-Händler: Groupe ISB

Hersteller Kerto-Platten: Metsä Wood

Bauunternehmen: Gipen/Roux und E-loft und Europerformance und DeltaSud und Legendre construction