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Der Holzmodulbau wurde in die Hallenkonstruktion eingefügt. Der auch von innen holzverkleidete Konzertsaal mit rund 1 900 Sitzplätzen wird von dem Neubau wie eine „Violine im Geigenkasten“ aufgenommen. (Foto: HGEsch Photography / gmp Architekten)
Konzertsaal der Isarphilharmonie in Holzmodulbauweise

Eine Violine im Geigenkasten

In nur eineinhalb Jahren Bauzeit und unter Einhaltung des Budgets von rund 40 Millionen Euro ist der Konzertsaal der Isarphilharmonie in Holzmodulbauweise mit rund 1.900 Sitzplätzen fertiggestellt worden. Zusammen mit der denkmalgerecht sanierten ehemaligen Trafohalle (Halle E) wird er zum Herzstück des Gasteig HP8 - dem Quartier für Europas größtes Kulturzentrum während seiner Generalsanierung. Den Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) ist es innerhalb des engen Zeit- und Kostenrahmens gelungen, einen atmosphärischen Veranstaltungsort mit einer Akustik von internationalem Rang zu schaffen, der das ehemalige Areal der Stadtwerke in Sendling nachhaltig als neues lebendiges Kulturquartier in München verankert.

Längsschnittperspektive des Konzertsaals: In die Eckelemente der äußeren Stahlkonstruktion wurden einschalige Wandelemente aus Brettsperrholz eingehängt. Der umlaufende Bereich zwischen Saal und Außenfassade mit den bühnenbezogenen Funktionen dient als Puffer zwischen den hohen klimatischen und akustischen Anforderungen im Inneren und dem Außenraum. Dabei ist die äußere Gebäudehülle rein wirtschaftlich im Sinne einer begrenzten Nutzungsdauer geplant. Durch diese Bauweise ist die Gebäudefassade ohne Aufwand ersetzbar, etwa wenn eine dauerhafte Nutzung des Konzertsaals über die projektierte Zeit hinaus. (Rendering: gmp Architekten)

Das Gelände an der Hans-Preißinger-Straße 8 („HP8“) prägt ein Bestand an Industrie-, Werkstatt- und Verwaltungsgebäuden, der seit einigen Jahren eine Nachnutzung durch Künstlerateliers und Kreativwirtschaft erlebt. In diesem gewachsenen Gefüge entstehen neben der Isarphilharmonie drei weitere Modulbauten. Sie bieten Raum für Institutionen wie die Münchner Volkshochschule und die Hochschule für Musik und Theater München sowie für ein Restaurant und weitere Veranstaltungssäle. Ihre städtebauliche Positionierung basiert auf einem Entwurf von gmp und inszeniert die ehemalige Transformatorenhalle (Halle E) als räumlichen und funktionalen Mittelpunkt des Quartiers, das sich Richtung Isar und Flaucher öffnet.
 

Mit der Aktivierung der Halle E für das HP8 entsteht ein neuer öffentlicher Ort am Isarufer, der über die Nutzung durch den Gasteig hinaus Bestand haben wird. Dabei bleibt der industrielle Charakter von 1929 erhalten. Außen prägen Fassaden aus Beton und rotem Ziegel das Bild, innen hingegen der gebäudehohe, von oben belichtete Atriumraum mit seinen blauen Brüstungen der umlaufenden Galerien. Neben dem Foyer der Isarphilharmonie im Erdgeschoss ergänzt ein Standort der Münchner Stadtbibliothek mit einem Veranstaltungsaal, Seminar- und Besprechungsräume, Räume der Kulturvermittlung sowie Gastronomie das Raumprogramm. Auf diese Weise entsteht ein ganztägig belebter, öffentlicher Ort.

Gläserne Fuge zwischen Altbau und modularem Neubau (Foto: HGEsch Photography / gmp Architekten)

Zeitlich begrenzte Nutzung

Altbau und modularen Neubau verbindet eine gläserne Fuge, in der die Erschließung des Konzertsaals über „Himmelsleitern“ inszeniert ist. Der Neubau setzt sich aus zwei konstruktiv getrennten Systemen zusammen: Herzstück ist der Konzertsaal in Holzmodulbauweise. Gemeinsam mit den Tragwerksplanern schlaich bergermann partner sbp entwickelte gmp den Saal als ein Stecksystem aus Vollholz-Elementen. Diese wurden im Sinne der kurzen Bauzeit zeitgleich zum Aufbau des äußeren Stahltragwerkes vorgefertigt, anschließend vor Ort zusammengefügt und im Sinne einer zeitlich begrenzten Nutzung mit einer industriellen Systemfassade verkleidet. Durch die einschaligen Decken- und Wandelemente konnte die Bauzeit wesentlich reduziert werden.

„Wie eine Violine im Geigenkasten, ist der Konzertsaal als Haus im Haus konzipiert. Der modulare Holzbaufügt sich in einen auf seine elementaren Schutzfunktionen reduzierten Systembau ein und ist nach präzisen akustischen Vorgaben bis ins architektonische Detail durchkomponiert“, fasst Stephan Schütz, Partner bei gmp, das Konzept zusammen.
 

Hohe akustische Anforderungen

Der Saal ist als klassische „Schuhbox“ konzipiert, bei dem das Orchester auf der Frontbühne platziert wird. Das übergeordnete Gestaltungsprinzip für den Innenraum ergibt sich aus den hohen akustischen Anforderungen. Von Beginn des Planungsprozesses an hat gmp in enger Zusammenarbeit mit Yasuhisa Toyota und seinem Team von Nagata Acoustics die Geometrie des Raumes unter akustischen Aspekten entwickelt. Mit der sägezahnartigen, größtenteils überlappenden Anordnung der vorgefertigten Elemente und ihrer rauen Oberfläche in Kombination mit der Form des Bühnenraums, dem ansteigenden Parkett und der Bestuhlung ergibt sich ein exakt aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel der schallreflektierenden Oberflächen. Neben dem besonderen Klangerlebnis erzeugt die dunkle Lasur der unverkleideten Holzelemente eine intime Atmosphäre und lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Bühne aus hellem Holz.

„Die Isarphilharmonie mag von außen schlicht wirken, doch innen haben wir an nichts gespart“, sagt Max Wagner, Geschäftsführer der Gasteig München GmbH. „Die Ausstrahlung des Saals und das Klangerlebnis haben sofort alle begeistert.“

Halle E mit Isarphilharmonie von der Schäftlarnstraße (Foto: HGEsch Photography / gmp Architekten)

Projektdaten im Überblick:

Projekt: Philharmonie/Halle E

Standort: Hans-Preißinger-Straße 8, München (DE)

Bauherr: Gasteig München GmbH

Verhandlungsverfahren Generalplanung Zuschlag, 2018

Architektur: gmp architekten, CL MAP

Tragwerksplanung: schlaich bergermann partner sbp

Generalübernehmer Philharmonie: Nüssli AG

BGF Philharmonie: 7.400 m²

BGF Halle E: 8.440 m²

Philharmonischer Saal: 1.900 Sitzplätze