Die geschwungene und nach außen geneigte Fassade des neuen ‚Maggie‘s Centre‘ in London besteht aus Holzelementen, die mit großformatigen Furnierschichtholz-Platten bekleidet sind. Freiformfassaden wie diese werden häufig in Beton, gerne in Sichtbeton gebaut. Hier fiel die Entscheidung hingegen für eine Fassade aus unterschiedlich gekrümmten Holzrahmenbau-Elementen, die an einer tragenden Stahlkonstruktion hängen. Eine ungewöhnliche Materialwahl für ein ungewöhnliches Gebäude.
Aus einer Vielzahl ebener Elemente eine gekrümmte Fassade herzustellen stellte eine wesentliche Herausforderung des Projektes dar. Die teils zweifach gebogenen, nach außen schräg gestellten Außenwände und die teilweise sehr engen Radien der gewünschten Gebäudegeometrie stellten eine Herausforderung der besonderen Art dar. Die ‚Übersetzung‘ des Architektur-Entwurfs in die Holzbaulösung erfolgte daher mit Hilfe eines parametrischen Computer-Modells. Als beste Lösung für die Fassadensegmente erwiesen sich Holzrahmenbau-Elemente mit einem 16 cm voll ausgedämmten Ständerwerk, einer außenseitigen Beplankung aus 3,9 cm Kerto-Furnierschichtholz und einer raumseitigen Beplankung aus 1,5 cm dicken OSB-Platten. Die Elemente sind zwar geschossweise getrennt, die vor den Elementen platzierten Kerto-Fassadenplatten hingegen laufen in der gesamten Gebäudehöhe durch. Die als Mehrzweck-Bauplatten beschriebenen 1,5 cm dicken Furnierschichtholzplatten gelten als besonders stabil bei geringem Gewicht, weshalb auch die Montage der bis zu 11 m langen und bis zu 1,6 m breiten Platten relativ gut auf der Baustelle zu handhaben war. Diese insgesamt 23 cm dicke Außenschale hängt an einer inneren, tragenden Stahlkonstruktion, dem Haupttragwerk, beziehungsweise sitzt vor einer gedämmten inneren Schale. So summiert sich der Querschnitt der Außenwand auf insgesamt 53 cm. Die Holzrahmenbau-Elemente stehen am Fußpunkt auf einer Betonplatte (Wandabschnitte A und D) oder auf Abstützmauern aus Beton (Abschnitte B und C) auf einer Holzschwelle beziehungsweise partiell in regelmäßigen Abständen auf Winkeln, um eine ausreichende Auflagerfläche zu bieten. Als formgebende Unterkonstruktion für den bauseitigen Trockenbau fungieren die an den Holzrahmenbau montierten horizontalen Kerto-Q-Ringbalken. Bezogen auf die Geometrie und die Statik handelt es sich bei den Ringbalken um die aufwändigsten Bauteile. Teilweise mussten sie blockverklebt und konturgefräst werden, um die gewünschten Querschnitte zu erhalten.
Um eine Fassade aus Holz mit möglichst wenig Fugen herstellen zu können, entschieden sich die Planer für den Einsatz der großformatigen Kerto-Fassadenplatten. Das fünflagige Furnierschichtholz Kerto Kate konnte die Anforderungen durch die zweiachsige Biegung und Beanspruchung sehr gut erfüllen und zudem an Biegeradien von teilweise kleiner 4 m angepasst werden.
Für eine möglichst unproblematische Montage wurden vereinfachte Anschlüsse an den Stahlbau gewählt: Die Holzrahmenbauwände konnten im Prinzip zwischen die horizontalen Riegel am Geschossauflager eingeschoben werden. Für eine einfache Konstruktion und Fertigung sorgte auch die Entscheidung, alle vertikalen Bauteile als gerade Standardquerschnitte zu fertigen, alle horizontalen Bauteile dagegen gebogen beziehungsweise freigeformt herzustellen.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Bauherr: Maggie’s Trust, Glasgow / Maggie’s Centres, London,
www.maggiescentres.org
Standort: Camden / Hampstead, London (GB)
Bauzeit: Mai 2022 bis April 2023
Architektur: Studio Libeskind (Lead design), 10038 New York, USA, www.libeskind.com, Magma Architecture, D-10969 Berlin,
https://www.magmaarchitecture.com
Tragwerksplanung: Expedition Engineering, London EC4Y oHP (GB), www.expedition.uk.com
Holzfassade: ZÜBLIN Timber GmbH, D-86551 Aichach,
www.zueblin-timber.com
Bauunternehmen: Sir Robert McAlpine Ltd, Hertfordshire
Stahlhersteller: William Hare (Stahlbauer) / ArcelorMittal (2/3 Material Stahl kostenfrei)