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Mit ihrer gefalteten Fassade setzt die Aufstockung in Material und Farbgebung einen neuen gestalterischen Akzent. Gleichzeitig nimmt sie in ihrer Gliederung Bezug auf die Struktur des Bestands. So sind die Fensterfronten an der langen Hoffassade (Norden) raumweise östlich ausgestellt, um den Blick in die Blockmitte zu lenken und mehr Licht in die Räume zu führen. (Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)
Umnutzung eines Wohnhauses zum Kultur- und Veranstaltungsort

Sanierung, Umbau und Aufstockung
Deutsches Chorzentrum mit Kindergarten, Berlin

In direkter Nachbarschaft zum Heimathafen Neukölln ist ein Chorzentrum für die Berliner und die deutsche Vokalszene entstanden. Gemäß dem Wunsch der Bauherrin „will und muss das Gebäude vieles gleichzeitig sein: Veranstaltungsort und Treffpunkt, Aus- und Weiterbildungsstätte, Bibliothek, Musikarchiv und Arbeitsstätte des Deutschen und Berliner Chorverbandes“.  Darüber hinaus ergänzt ein musikalischer Kindergarten das vielfältige Nutzungsgefüge.

Architektonisches Konzept

Die ursprünglich aus einem fünfgeschossigen Vorderhaus sowie aus einem viergeschossigen Seitenflügel bestehende Bebauung der Karl-Marx-Straße 145 wurde in den 1899/1900 Jahren errichtet. Zielsetzung des Entwurfskonzepts war die Nutzbarmachung des bis dato vor allem Wohnzwecken dienenden Gebäudes in der Karl-Marx-Straße 145 für kulturelle Nutzungen. Zu diesem Zweck wurde das Bestandsgebäude saniert, umgestaltet und durch eine zweigeschossige Aufstockung auf dem Seitenflügel sowie dem Dachausbau im Vorderhaus ergänzt. Die Ergänzungen des bestehenden Mauerwerksbau erfolgten in Holzbauweise. Durch die Erweiterung entsteht pro Geschoss eine neue zusammenhängende Nutzungseinheit aus Vorderhaus und Seitenflügel. Dabei wurde darauf geachtet, den Bestands- und den Neubau zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen, das sowohl das ortstypische und städtebauliche Leitbild respektiert und stärkt, als auch das Neue klar herausstellt. Die Aufstockung nimmt mit ihrer gefalteten Fassade sowohl in ihrer Gliederung als auch in ihrer Gestaltung Bezug auf die bestehende Architektur.

Der moderne Holzbau ermöglicht einen hohen Vorfertigungsgrad und somit kurze Bauzeiten. Er eignet sich hervorragend, um die Entwurfsidee innerhalb des dichten Berliner Stadtgefüges ästhetisch, ökologisch und ökonomisch nachhaltig und nutzerfreundlich umzusetzen.

Die Aufzugsüberfahrt im Gelenkpunkt zwischen Vorderhaus und Seitenflügel überragt die Dachflächen beider Gebäudeteile. Über den neuen Aufzug erfolgt die barrierefreie Erschließung aller Geschosse. (Axonometrie: Kaden+Lager, Berlin)
Die Bestandsfassade zur Karl-Marx-Straße wurde in ihrem Erscheinungsbild weitgehend erhalten und denkmalgerecht saniert. Hingegen wurden die Fassadenöffnungen des Seitenflügels im Hinblick auf die zukünftige Nutzung teilweise modifiziert. (Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)
Die Räume im 1. und 2.OG des Seitenflügels werden zusätzlich über hofseitige Laubengänge erschlossen, die über eine außenliegende Treppe erreichbar sind. Diese dient gleichzeitig auch als zweiter baulicher Rettungsweg. (Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)

Sanierung und Umbau im Bestand

Bei den Sanierungsmaßnahmen blieben Strukturierung und Aufteilung der Räume im Wesentlichen bestehen. Vor allem die im Vorderhaus angelegte, repräsentative Raumwirkung bleibt erhalten. Nichttragende Wände wurden größtenteils abgetragen. Aufgrund der vorgesehenen Nutzungsänderung von Wohnen zu Gewerbe wurden die Decken für die erhöhten Lasten und Anforderungen aus Brand- und Schallschutz ertüchtigt, zudem erhielten sie einen neuen Bodenaufbau. Zur Aufnahme der zusätzlichen Lasten aus Nutzungsänderung sowie den Ertüchtigungen wurde die Gründung des Gebäudes unterfangen. Die bestehenden Außen- und Innenwände aus Ziegelmauerwerk wurden zum Teil mit Mauerwerk ergänzt und mit einem mineralischen Putz neu verputz. Die Fassade wurde energetisch mit neuen Holzfenstern und einem mineralischen WDVS saniert.

Der alte Dachstuhl des Vorderhauses wurde durch eine sichtbare hölzerne Dachkonstruktion aus Massivholzplatten erneuert und ausgebaut. Zudem wurde das Schrägdach auf der Hofseite zu Gunsten einer natürlichen Belichtung über stehende Fassadenfenster und zusätzlich nutzbarem Raum abgelöst.Der Bestandserker war statisch nicht mehr funktionstüchtig und musste erneuert werden, der Ersatz erfolge dem Konzept folgend ebenfalls in Brettsprerrholz mit einer K260 Kapselung.

Aufstockung Seitenflügel 

Im Zuge der Aufstockung des Seitenflügels wurde das alte Dachgeschoss mit seiner hölzernen Konstruktion sowie die darunterliegende Holzbalkendecke zurückgebaut und durch die zweigeschossige, gefaltete Aufstockung (3.OG und 4.OG) in Holzbauweise ersetzt. Die hofseitig gefaltete Fassade entsteht durch großflächige Pfosten-Riegel Verglasung als Ausfachung der auskragenden Holzkonstruktion. Geschlossene Wandflächen sind als hinterlüftete Profilblechfassade ausgebildet.
Die hofseitigen nichttragenden Außenwände wurden in Holzrahmenbauweise erstellt, daran schließen die lastabtragenden Brettschichtholzstützen an. Tragende Wände wurden wie der Erker aus Massivholzplatten, einer Kapselung und einem WDVS konstruiert.

Die Decken wurden in Massivholz als sichtbare Brettsperrholzdecken (BSP) mit Auflastschüttung ausgeführt. Über dem 2.OG spannen die Deckenelemente, über die Außenwand auskragend, quer zum Gebäude. Über dem 3. + 4.OG sind sie längsspannend auf Holzunterzügen (BSH-Träger) sowie die massiven Treppenhaus- und Querwände aufgelagert bzw. angeschlossen. Das bestehende Treppenhaus in Mauerwerk ist im Bereich der Aufstockung zur Aussteifung und zum Brandschutz in Stahlbetonbauweise weitergeführt. 

In den Obergeschossen zwei bis fünf sind Büro- und Besprechungsräume verschiedener Größe für die unterschiedlichen Nutzer sowie ein Mehrzweckraum entstanden. (Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)
Der alte Dachstuhl des Vorderhauses wurde durch eine sichtbare hölzerne Dachkonstruktion aus Massivholzplatten erneuert und ausgebaut. (Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)
Der Innenhofbereich der benachbarten Grundstücke Karl-Marx-Straße 141 und 145 wurde offen gestaltet. Dies soll die Wahrnehmung beider Einrichtungen als gemeinsamen Kulturstandort unterstützen. Der hintere Bereich wird als Außenbereich für den Kindergarten genutzt. (Lageplan: Kaden+Lager, Berlin)
(Foto: Kaden+Lager / Bernd Borchardt)

Projektdaten im Überblick:

Bauherr:
Haus Karl-Marx-Str. 145 GmbH, Karl-Marx-Straße 145, 12043 Berlin

Projekt: Deutsches Chorzentrum mit Büro- und Veranstaltungsräumen + KiTa in Berlin Neukölln
Zweigeschossige Aufstockung in Massivholzbauweise + Sanierung Bestandsgebäude

Baujahr: 2018-2021

BGF oberirdisch: 2.400 m² (Bestand/Sanierung: 2000 m² Neubau/Aufstockung: 400 m²)
 

Architektur: Kaden + Lager GmbH

Tragwerksplanung: ifb thal + huber

Brandschutz: ifb thal + huber

Gebäudetechnik: Integral Projekt GmbH & Co. KG

Holzbau: Vater Zimmerei und Holzbau