In Asten steht das erste Brotmuseum Österreichs. Der Entwurf der außergewöhnlichen Bauskulptur stammt vom renommierten Architekturbüro COOP HIMMELB(L)AU. Gestapelte Brettsperrholz-Ringe bilden den schwungvollen Überbau des „Paneum“. Die selbsttragende und hochkomplexe Freiform war nur mit Hilfe eines parametrischen Computermodells realisierbar.
Das Brotmuseum namens Paneum, vom Lateinischen „panis“ für Brot, besticht schon von der Autobahn aus mit seiner einzigartigen Architektur. Es lässt Assoziation mit Brotteig oder einem Brotlaib ebenso zu wie mit Zuckerwatte oder einer Wolke. Dabei besteht das Gesamtkonzept aus zwei Baukörpern: Ein etwa 17 m breites, 31 m langes und knapp 5 m hohes Sockelgebäude aus Sichtbeton bildet das Fundament des insgesamt 20 m hohen Museums und beherbergt ein Veranstaltungsforum. Darüber schwebt die sogenannte „Wunderkammer des Brotes“ in Holzbauweise. Letzteres ist als selbsttragende Brettsperrholz-Hülle aus gekrümmten, sich aufeinander stapelnden Brettsperrholz-Ringen konzipiert. Diese Art der Konstruktion ermöglichte den Bau der Freiform.
Der Stahlbetonbau wird über das Erdgeschoss hinaus mit einer rund 3 m hohen Röhre weitergeführt. Wie ein Flaschenhals ragt sie in die Höhe und mündet in einer Plattform, der ersten Ausstellungsebene. Auf diese rundum auskragende Geschossdecke setzt nun die 12 m hohe Konstruktion des „Holzgefäßes“ mit ihrer 40 cm dicken Schale und mit „Durchmessern“ von bis zu 35 m auf.
Beginnend mit dem ersten Ring, der aus Segmenten zusammengesetzt wurde, stapeln sich 71 weitere Ringe übereinander, wiederum aus einer Vielzahl von Ringsegmenten, deren Stoßfugen schichtenweise versetzt angeordnet wurden. Die Statik war unproblematisch mit einem Schichtenmodell zu rechnen.
Die sich selbsttragende Struktur setzt sich aus 800 gekrümmten, am Computer entwickelten Brettsperrholz-Segmenten zusammen. Auf einer CNC-Anlage (CNC – Computerized Numerical Control) millimetergenau aus- und zugeschnitten, konnten sie auf der Baustelle passgenau übereinander gestapelt werden. Die einzelnen Elemente wurden miteinander verschraubt und verklebt. Dabei sorgen die rund 60.000 Schrauben für biegesteife Verbindungen, während die Verklebung die Schubsteifigkeit sicherstellt.
Zunächst galt es, die 72 horizontalen Ringe der Freiform in einzelne Segmente zu unterteilen, um sie herstellen und transportieren zu können. Dafür wurde ein 3D-Fertigungsmodell erstellt.
Um eine Ringeinteilung vornehmen zu können, mussten vorweg einige Rahmenbedingungen abfragen, zum Beispiel welche Maschinen und Fräswerkzeuge beim Holzbauunternehmen für den Abbund zur Verfügung stehen. Das war maßgebend bei der Festlegung der Bauteilhöhen. Denn durch die geschwungene Form der Hülle ergeben sich gleichermaßen geneigte wie verwundene Außen- und Innenflächen der Ringsegmente, die üblicherweise mit der Seite eines Fräsers hergestellt und bearbeitet werden können. Ist eine solche Fläche jedoch höher als die Fräserlänge, müsste die Fläche mit der Fräserspitze bearbeiten werden, was unverhältnismäßig viel Zeit kosten und damit unrentabel werden würde.
Um möglichst wenige Einzelteile zu erhalten und die Einzelteilbearbeitung bzw. die Anzahl der Teile für Transport und Montage zu minimieren, strebte das Holzbauunternehmen im Rahmen dessen eine möglichst große Höhe für die einzelnen Ringe an. Der Architekt dagegen wollte möglichst dünne Ringe für möglichst fließende Übergänge der Schichten.
Einen weiteren Einflussfaktor stellten hier auch die Maße der lieferbaren Plattenformate dar, beim Paneum vor allem deren maximale Länge. Solche und viele andere Bedingungen hatte das digitale Planungsteam miteinander zu vereinbaren.
Die schrägen Anschnitte an den Innen- und Außenseiten der Ringsegmente verursachen nun außerdem sogenannte Flankenwinkel von bis zu einem Meter Länge, die sich mit einer Maschine nicht bearbeiten lassen. Das erforderte die Durchführung von Winkelanalysen für jeden Ring. Oder genauer gesagt: beim Erarbeiten des digitalen Modells erfolgte zuerst eine Ringeinteilung für das gesamte parametrische Modell, dann kamen die Winkelanalysen, aus denen schließlich hervorging, an welchen Stellen hohe Ringsegmente verwendet werden können und an welchen aus technischen Gründen niedrigere verwendet werden müssen.
Besondere Aufmerksamkeit kam bei der digitalen Planung auch den Stößen der Ringsegmente zu. Hier stellte sich aus statischer Sicht die Frage, um welches Maß die Stöße zueinander versetzt liegen müssen, damit sich eine optimale Verzahnung und damit eine optimale Tragfähigkeit ergeben. Gleichzeitig musste der maximale Holzfaser-Anschnittwinkel berücksichtigt werden. Er spielt dort eine Rolle, wo es eng(er)e Radien gibt. Da auch das Fugenbild einen Einfluss auf das Aussehen der sichtbar belassenen Innenwand hat, musste es immer zuerst vom Architekten abgesegnet werden.
All diese Rahmen-, Rand- und Statikzwangspunkte flossen im digitalen Modell zusammen und bestimmen als „kleinster gemeinsamer Nenner“ die Segmentierung bzw. die Form der Bauteile und die Lage der Stöße. Das digitale Planungsteam leitete am Schluss die Fertigungsdaten aus dem digitalen Modell direkt die Daten im BTL-Format (CNC-Datenformat) ab, so dass die 800 individuellen Einzelteile auf der CNC-Anlage der Holzbauer automatisch aus den 148 Brettsperrholz-Platten ausgeschnitten werden konnten.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Bauvorhaben: Brot-Museum „Paneum“ – Wunderkammer des Brotes (www.paneum.at), A-Asten bei Linz
Bauherr: backaldrin Österreich The Kornspitz Company GmbH, www.backaldrin.at/de, A-4481 Asten
Bruttogeschossfläche (BGF): 1.850 m²
Fertigstellung: Oktober 2017
Architektur: COOP HIMMELB(L)AU – Wolf D. Prix & Partner ZT GmbH, A-1050 Wien, www.coop-himmelblau.at
Bauleitung: Pointinger Bau, A-4710 Grieskirchen, www.pointinger-bau.at
Holzbauunternehmen (Generalunternehmer): WIEHAG Ingenieurholzbau GmbH, A-4950 Altheim, www.wiehag.com
Bauunternehmen (Massivbau): Ing. Harald Weissel Ges. m.b.H, A-4020 Linz, www.weissel.at
Digitale Planung: Design-to-Production, CH-8703 Erlenbach/Zürich, www.designtoproduction.com
Brettsperrholz-Lieferung: Mayr-Melnhof Holz Gaishorn GmbH, A-8783 Gaishorn am See, www.mm-holz.com
Edelstahlschindel-Fassade: Lummel GmbH & CO. KG, D-97753 Karlstadt/Main, www.lummel.de