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Die wesentlichen Elemente der Konstruktion der neuen Kultur- und Sporthalle in Alfter bilden V-förmige Stützen aus BauBuche und Fachwerkträger des Dachtragwerks, die beidseitig über ihr Auflager hinaus als Dachüberstand auskragen. (Foto: Margot Gottschling)
Auf dem Dach der Kultur- und Sporthalle gibt es viele Möglichkeiten, Sport zu treiben oder dabei zuzuschauen. (Foto: Constantin Meyer, Köln )
Von außen wirkt der Bau trotz Sportfeldern auf dem Dach sehr filigran. Abends leuchtet er mitunter wie eine Laterne. (Foto: Constantin Meyer, Köln)
Von außen wirkt der Bau trotz Sportfeldern auf dem Dach sehr filigran. Abends leuchtet er mitunter wie eine Laterne. (Foto: Margot Gottschling)
Die Rundum-Verglasung lässt viel Tageslicht in die 3,40 m unter dem Erdgeschossniveau liegende Sporthalle. (Foto: Margot Gottschling)
Die 2 m großen Dachüberstände sorgen für den Witterungsschutz der V-Stützen aus BauBuche. (Foto: Pirmin Jung)

Sportliches Tragwerk für viel auf und unterm Dach

Mit der Kultur- und Sporthalle in Alfter bei Bonn ist der Gemeinde und allen am Bau Beteiligten ein in mehrfacher Hinsicht innovatives Projekt gelungen. So ist das Gebäude nicht nur der erste, entscheidende Schritt zur Attraktivitätssteigerung und Stärkung der Ortsmitte von Alfter, sondern es hat auch konstruktiv spannende Aspekte zu bieten. Denn ein Tragwerk aus Holz zu entwickeln für eine Halle, auf und unter deren Dach viel Sport und Spiel stattfinden soll samt Berücksichtigung von Erdbebenlasten, war durchaus eine statische Herausforderung.

Dass auf dem Hallendach gespielt und Sport betrieben werden kann, führte zu entsprechend höheren Verkehrslasten. Zudem galten an dem Standort die Vorgaben für erhöhte Erdbebenlasten. Doch trotz dieser Sonderlasten erscheint die neue Kultur- und Sporthalle in Alfter nicht massig und voluminös, sondern durch die Wahl V-förmiger Holzstützen mit einer Rundum-Verglasung sowie einer Fachwerkträger-Konstruktion für das Dach erstaunlich filigran. Auch die Nutzung von Buchen-Furnierschichtholz, kurz BauBuche, für Träger und Stützen trägt dazu bei, dass die Konstruktion mit besonders schlanken Querschnitten auskommt.

Zudem ist die 7 m hohe Halle abgesenkt. Das heißt, der Sportbereich mit dem 17 m breiten und 34 m langen Hallenboden liegt auf minus 3,40 m im Untergeschoss. Auf Erdgeschoss- bzw. Foyer-Ebene sind die Tribünenplätze sowie ein Quartierscafé untergebracht und auf der Dachebene schließlich befinden sich ein Ballsportfeld und ein Fitness-Parcours.

Die Dachüberstände der Stirnseiten sind jeweils an die Fachwerk-Randträger der Dachkonstruktion "angehängt". (Foto: Holzbau Amann)
Blick in die Dachkonstruktion aus Fachwerkträgern, von denen später nur noch die Untergurte zu sehen sind (siehe Hallen-Innenansicht in der Foto-Galerie oben) (Foto: Holzbau Amann)
Außergewöhnlich: Die Mischkonstruktion der Fachwerkträger aus BauBuche, Brettsperrholz und Brettschichtholz. (Foto: Holzbau Amann)
Die 2 m großen Dachüberstände sorgen für den Witterungsschutz der V-Stützen aus BauBuche. (Foto: Pirmin Jung)
Sogenannte Treppenversätze koppeln die Fachwerk-Diagonalen mit den Obergurten... (Foto: Holzbau Amann)
... und den Untergurten der Fachwerkträger. (Foto: Holzbau Amann)

Ungewöhnlich ist, dass es sich bei den Fachwerkträgern um eine Mischkonstruktion aus BauBuche, Brettsperrholz und Brettschichtholz handelt. Die Idee der Planer war, von jedem Holzwerkstoff die jeweils günstigste Eigenschaft zu nutzen. So bestehen die Unter- und Obergurte der Fachwerkträger aus BauBuche, ebenso die stark auf Druck beanspruchten Diagonalstreben. Dagegen sind Diagonalstreben, die weniger Druck aufnehmen müssen, aus Brettschichtholz gefertigt – dies erwies sich für die jeweilige Beanspruchung als ausreichend und an diesen Stellen damit auch wirtschaftlicher. Brettsperrholz wiederum kam bei den Zugstäben zum Tragen. Das Ergebnis der Entscheidung für diese Art der Brettschichtholz-Brettsperrholz-Mischkonstruktion in Kombination mit BauBuche ist erstaunlich: Während ein Fachwerkträger bei einer Spannweite von 24 m überschläglich mit einer Höhe von 2,40 m dimensioniert werden würde, haben die hier eingesetzten Fachwerkträger lediglich eine statische Systemhöhe von 1,30 m (Systemhöhe: Achsen der Fachwerkträger-Querschnitte). Aufgrund dieser recht geringen Systemhöhe bzw. tatsächlichen Fachwerkträger-Gesamthöhe ergibt sich auch eine höhere Verformung der Träger. Sie wurden daher im Werk mit einer Überhöhung hergestellt, um die Gesamtverformung zu kompensieren.

V-Stützen an Längs- und Stirnseiten tragen die Dachkonstruktion aus Fachwerkträgern, zwischen denen Brettsperrholz-Platten spannen, die zu einer aussteifenden Scheibe verbunden wurden. (Isometrie: Holzbau Amann)

Insgesamt tragen 22 V-förmigen BauBuche-Stützen das Dach, je sieben an den Längs- und jeweils vier an den Stirnseiten. Zwischen den Fachwerkträgern spannen Brettsperrholz-Platten. Sie liegen auf den Obergurten auf und sind mit diesen verschraubt. Zu einer Dachscheibe verbunden, steifen sie das Gebäude horizontal aus. Die V-Stützen übernehmen die Horizontalkräfte über die Randgurte, um sie in den Baugrund abzuleiten. Die sogenannten „Giebelträger“ an den kurzen Seiten der Halle spannen rechtwinklig zu den Fachwerkträgern, so dass das Dach hier wie an den Längsseiten ebenfalls 2 m weit auskragt. Durch die geschosshohe Verglasung entsteht fast der Eindruck, das Dach würde schweben. Auch dieser Effekt unterstützt die erstaunliche Leichtigkeit des Gebäudes.

Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe

Bautafel:

Bauherrschaft: Gemeinde Alfter, 53347 Alfter, www.alfter.de

Bauzeit: 12/2021 bis 07/2024

Architektur: Königs Architekten PartGmbB, 50670 Köln, www.koenigs-architekten.de

Tragwerksplanung: Pirmin Jung Deutschland GmbH, 53424 Remagen, www.pirminjung.de

Holzbau: Holzbau Amann GmbH, 79809 Weilheim-Bannholz, www.holzbau-amann.de

Innenausbau Holzbaubetrieb: VHB Vereinigte Holzbaubetriebe, 87789 Woringen, www.vhb-memmingen.de

 

Holzlamellendecke: Lindner Group KG, 94424 Arnsdorf, www.lindner-group.com

Brandschutz: Dipl.-Ing. K. Leiermann, BS Sachverständiger, 41541Dormagen, www.kl-brandschutz.de

Bauphysik: ISRW Klapdor, 40468 Düsseldorf, www.isrw-klapdor.de

Haustechnik: IBJ Ingenieurbüro Jüngling GmbH, 53773 Hennef, http://www.i-b-j.de

Landschafts- und Freiraumplanung: stern landschaften, 50670 Köln, www.sternlandschaften.de

Auszeichnung: Holzbaupreis Eifel 2024