Der neue Aussichtsturm auf dem Idarkopf im Naturpark Saar-Hunsrück besteht aus drei, sich nach oben aufspreizenden Brettschichtholz-Stützen, Stahlriegeln und -verstrebungen sowie einer zentralen Wendeltreppe auf die Aussichtsplattform in 28 m Höhe. Ziel war, eine transparente Konstruktion, die sich harmonisch in die Umgebung einfügt.
Im Naturpark Saar-Hunsrück, etwa 200 m nordwestlich des Idarkopfgipfels, steht auf 744 m Höhe seit November 2022 wieder ein Aussichtsturm. Nachdem der alte Turm aus den 1980er Jahren gut vier Jahre zuvor durch einen Brand so stark beschädigt worden war, dass eine Sanierung nicht rentabel gewesen wäre, gab die Nationalparkverbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen den Bau eines neuen Aussichtsturms in Auftrag. Entstanden ist ein Turm mit einer Gesamthöhe von 31,10 m, dessen Aussichtsplattform einem riesigen Vogelnest in einer Astgabel gleicht. Realisiert wurde das Konzept als Hybridkonstruktion aus Holz und verzinktem Stahl.
Ein besonderer Fokus lag darin, ein Leuchtturmprojekt zu entwickeln, das eine Umsetzung in moderner, langlebiger Holzbauweise zeigt und für weitere Aussichtsturm-Projekte in seiner technischen Ausführung als Vorbild dienen soll. Hier richteten die Planer ihr Augenmerk vor allem auf die Dauerhaftigkeit des Bauwerks, die durch den konstruktiven Holzschutz des Tragwerks nach dem Prinzip des bauteilbezogenen Holzschutzes in Kombination mit anderen Werkstoffen erreicht wird.
Ziel des Entwurfs war außerdem ein minimalistisches, also ein aufs Wesentliche reduziertes Tragwerk. So besteht der Aussichtsturm lediglich aus drei sich nach oben aufspreizenden Brettschichtholz-Stützen, der nestartigen Aussichtsplattform und einer gewendelten Stahltreppe im Zentrum des Turms.
Die drei Hauptstützen spannen drei Ebenen zwischen sich auf, in die horizontale Stahldruckriegel sowie Auskreuzungen aus Rundstahl-Diagonalen als Aussteifungsverbände eingefügt sind; in der Summe bildet diese Konstruktion ein auf das Minimum reduziertes räumliches Fachwerk.
Mit der Weiternutzung des bestehenden Fundaments war zum einen die Turmhöhe begrenzt, zum andern der Abstand der Stützenfüße vorgegeben.
Da die Hauptstützen auf 28 m Höhe die große Aussichtsplattform zu tragen haben, erhielten sie nach dem etwa 11,90 m langen, geraden Stück im unteren Bereich eine Krümmung im etwa 6,50 m langen mittleren Bereich, von wo aus sich die Stützen im oberen Bereich über 11,90 m Länge nach außen aufspreizen, um die große Plattform fassen zu können. Dabei sind der untere und mittlere Stützenteil mit einem konstanten Querschnitt von 90 cm x 24 cm dimensioniert, während sich der obere Teil zur Spitze hin auf 50 cm x 24 cm verjüngt.
Druckriegel und Stahlrundrohre, die die Stützen koppeln, fangen die horizontalen Lasten ab und steifen den Turm zusammen mit den Auskreuzungen aus. Zugstäbe und Druckriegel schließen am gleichen Knotenblech an den Stützen an. Hierfür wählten die Tragwerksplaner Bolzenverbindungen, die die Montage vereinfachen.
Die Brettschichtholz-Stützen aus Fichte sind in einem Stück gefertigt. Sie erhielten als konstruktiven Holzschutz eine Rundum-Bekleidung aus Lärchenholz-Dreischicht-Platten gegen Witterungseinflüsse, um die entsprechende Dauerhaftigkeit der Stützen zu gewährleisten. Die Bekleidung sitzt auf einer Unterkonstruktion und ist somit hinterlüftet. Sie endet jeweils über und unter den Anschlüssen der Stahlrohr-/Aussteifungsverbände, das heißt die Anschlussbereiche erhalten eine getrennte, eigene Bekleidung. Der Grund für Letzteres liegt darin, dass Anschlussbereiche immer neuralgische Punkte für das Eindringen von Feuchtigkeit bei Bauwerken dieser Art darstellen.
Und so galt es, diese Bereiche für die Wartung zugänglich zu halten, was durch die Einteilung der Bekleidungen ermöglicht wird, denn sie können hier zu Prüfzwecken abgenommen werden.
Vertikale Eckbleche aus Titanzink sorgen ebenfalls für die Ableitung von Regenwasser. Zusammen mit den horizontalen Blechen prägen sie auch die Optik des Turmes mit. Ebenso sind die Köpfe der Stützen durch Titanzinkblechkappen auf einer Unterkonstruktion aus Holzwerkstoffplatten gegen Witterungseinflüsse geschützt.
Da der Fokus bei dem Projekt insbesondere auf der Langlebigkeit des Turms lag, legten die Planer großes Augenmerk darauf, an welchen Punkten das Holz konstruktiv geschützt werden muss, welche Holzbauteile bewittert werden können, da sie nach 25 bis 30 Jahren leicht austauschbar sind, und wo die Verwendung von Stahlbauteilen die langfristig bessere Lösung darstellt.
Auf dem Weg zur Aussichtsplattform können die Besuchenden in jedem Geschoss, also auf neun Podesten, einen Stopp einlegen. An diesen Stellen ist die Staketen-Bekleidung jeweils unterbrochen, um den Blick in die Landschaft Richtung Süden freizugeben.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Objekt: Neubau Aussichtsturm auf dem Idarkopf (745,80 m ü. NN) bei Stipshausen
Bauherr/Betreiber: Nationalparkverbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen, D-55756 Herrstein, www.vg-hr.de
Bau(gesamt)kosten: 430.000 Euro (netto)
Fertigstellung: November 2022
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Miebach, D-53797 Lohmar, www.ib-miebach.de
Holzbau und Montage: Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co.KG, D-74523 Schwäbisch Hall, www.schaffitzel.de