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(Foto: Kopter Group AG)
Auf dem Dach der Helikopterhalle befindet sich das U-förmig angelegte Bürogeschoss. (Foto: Kopter Group AG)
Weitgespannte Fachwerkträger aus Buchen-Furnierschichtholz

Hightech-Holzbau für Helikopter-Halle
Flugplatz Mollis (Schweiz)

Die Kopter Group AG, ehemals Marenco Swisshelicopter AG, aus Mollis in der Schweiz benötigte eine Fertigungshalle für die Montage ihrer Helikopter. Dafür zog die Bauherrin zunächst Stahl in Betracht. Dank der Überzeugungsarbeit des Architekten und des Holzbau-Unternehmers fiel die Entscheidung dann aber zugunsten einer Halle in Holzbauweise mit weitgespannten Fachwerkträgern aus Buchen-Furnierschichtholz.

Neubau mit Produktion unter
und Büros über dem Dach

Die Prototypen des Schweizer Hubschraubers "AW09", eines leichten, einmotorigen Mehrzweckhubschraubers, werden von Kopter zusammengebaut, getestet und gewartet. Dass dies in einer großzügigen Halle aus Holz stattfindet, ist dem Architekten Renato Leuzinger, dem Ingenieur Hermann Blumer und Franz Frefel vom Holzbauunternehmen Casa-Vita zu verdanken: Auf Basis eines intensiven Austauschs bei Entwurf und Tragwerkskonzept im Vorfeld der Entscheidung konnten die kreativen Köpfe ihrem Auftraggeber Anfang 2016 einen ebenso ästhetischen wie wirtschaftlichen Vorschlag für eine Halle in Holzbauweise vorlegen, der dann das Rennen machte.

Das neue Gebäude sollte nicht nur die Montage und Tests der Hubschrauber ermöglichen, sondern auch bestehende und neue Kunden beherbergen. Es galt daher, neben der Fertigung noch weitere Funktionen unterzubringen. Entstanden ist ein 41 m breiter und 60 m langer, in der Höhe gestufter Kubus: Er umfasst eine 32 m breite, 60 m lange und 9,30 m hohe Halle sowie einen 9 m breiten, 24,50 m langen und 12,30 m hohen Gebäudetrakt für Werkstätten, Technik- und Büroräume. Letzterer ist an einer der Längsseiten der Halle angeordnet; die Restfläche in dessen Verlängerung dient der Halle als Übergangsbereich.

Drei der vier Geschosse dieses Gebäudetrakts sind in Stahlbeton ausgeführt. Das vierte Geschoss überragt das Hallendach mit 3 m und ist in Holzbauweise auf den Massivbau aufgesetzt. Dieses Geschoss wurde außerdem über einen Großteil der Fläche des Hallendaches erweitert, was eine zusätzliche statische Herausforderung für die Hallendachkonstruktion darunter darstellte.

Die mit 32 m weit gespannte Montagehalle des Gebäudekomplexes der Kopter Group wirkt dank des filigranen Dachtragwerks aus Buchen-FSH-Fachwerkträgern großzügig und elegant. (Foto: Kopter Group AG)
Die 31,20 m langen Fachwerkträger haben mit 2,60 m Höhe eine recht geringe Konstruktionshöhe. Da sie zu den Auflagern hin mit einer Diagonalstrebe enden, entstehen freie Zwickel, in deren Raum entlang der Hallenlängsseiten die Kranbahnschienen geführt werden können. (Foto: Kopter Group AG)
(Foto: Mächler AG)
Das Dachgeschoss bietet helle Arbeitsplätze mit Aussicht und Blickbezügen zu den umliegenden Bürotrakten. (Foto: Mächler AG)

Architektonisch ansprechende und wirtschaftliche Form der Dachträger

Um die 32 m breite Halle zu überspannen, wählten die Ingenieure Fachwerkträger; jedoch nicht aus klassischem Fichten-Brettschichtholz, sondern aus hochtragfähigem Buchen-Furnierschichtholz (Buchen-FSH). Damit war es möglich, die Fachwerkträger trotz der großen Spannweite und den geforderten Kranlasten von 3,2 Tonnen vergleichsweise filigran und architektonisch elegant auszuführen. Denn Buchen-FSH hat Festigkeitswerte, die mit Stahl vergleichbar sind und bietet damit die nötige Zug- und Druckfestigkeit, um sowohl die ständigen Lasten als auch die Verformungen aus dem Geschoss über dem Hallendach aufzunehmen. Diese Materialeigenschaften ermöglichten es zum einen, die 31,70 m langen Fachwerkträger mit einer sehr geringen Konstruktionshöhe von 2,60 m auszuführen, zum anderen die Querschnitte der aus je zwei Fachwerkträgern (2 x b/h: 20 cm x 40 cm) gekoppelten Binder mit einer Gesamtbreite von 40 cm sehr schlank zu dimensionieren. Die Fachwerk-Knoten wurden mit eingeschlitzte Blechen und selbstbohrende Stabdübel ausgeführt.

Da die Fachwerkträger zu den Auflagern hin mit einer Fachwerkdiagonale enden, entstehen freie Zwickel, so dass in deren Raum entlang der Hallenlängsseiten die Kranbahn-Schienen geführt werden konnten. Sie sind an den Fachwerkobergurten abgehängt und seitlich über Stahllaschen gehalten, die an den Diagonalen anschließen.

Haupttragwerk auf Portalrahmen und Abfangträger

Im Abstand von 5 m bilden diese Doppel-Fachwerkträger das Haupttragwerk des Daches. Aufgelagert bzw. in speziellen Stahlanschlussplatten eingehängt sind sie auf der freien Hallenseite an einem riesigen Portalrahmen in Form einer vorgespannten Holz-Beton-Verbundkonstruktion, die die Toröffnungen mit 12,20 m und 37,20 m überspannt. Auf der anderen Seite nehmen Auflagertaschen in den Stahlbetonwänden des Massivbaus die Träger auf bzw. ein 30,40 m langer, 3,16 m hoher Abfang-Fachwerkträger mit Querschnitten von 48 cm x 48 cm auf quadratischen Stützen gleicher Abmessungen – ebenfalls beide aus Buchen-FSH. Der Abfang-Fachwerkträger ist in Längsrichtung zwischen dem Massivbau und einem zweiten Erschließungsturm in Stahlbeton am Hallenende angeordnet. So lehnt sich der Holzbau der Halle direkt und indirekt an den Stahlbeton-Bauten an, die wie ein Rückgrat für die vertikale Aussteifung sorgen. Die horizontale Aussteifung erfolgt über Hohlkasten-Elemente, die auf den Fachwerkträgern verlegt und zu einer Dachscheibe verbunden wurden.

(Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe)

Einblick in die Konstruktion während der Montage: Mit dem Bau des Geschosses auf dem Hallendach wurde schon nach Montage der Fachwerkträger im hinteren Hallendrittel begonnen und das Gebäude so von hinten nach vorne stückweise vervollständigt. (Foto: Casa-Vita / Frefel Holzbau)
Die Fachwerkbinder schließen biegesteif und fast ohne Exzentrizität an den Riegel des Torträgers an. (Foto: Casa-Vita / Frefel Holzbau)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Casa-Vita / Frefel Holzbau)
Grundriss Dachgeschoss (Zeichnung: Leuzinger Architektur AG)

Projektdaten im Überblick:

Bauvorhaben:                         
Fertigungshalle für Helikopter mit darüber liegenden Büro- und Verkaufsräumen

Bauweise:                               
Holz-Beton-Skelettbau in Kombination mit Holzrahmenbau

Bauort: Flugplatz Mollis (Schweiz)

Fertigstellung: 2017

Grundfläche: 2.800 m2

Verbaute Holzmenge:             
800 m3, davon 240 m3 Buchen-FSH   

Bauherr:
Kopter Group AG, CH-8620 Wetzikon, www.koptergroup.com

Architektur:                            
Leuzinger Architektur AG, CH-8750 Glarus, www.leuzinger-architektur.ch

Tragwerksentwurf / Tragwerksplanung:
Création Holz AG, Hermann Blumer, CH-9100 Herisau, www.creation-holz.ch, zusammen mit SJB Kempter Fitze AG, CH-8500 Frauenfeld, www.sjb.ch

Holzbau:                                 
Casa-Vita / Frefel Holzbau AG, CH-8753 Mollis, www.casa-vita.ch

Werkplanung, Abbund, Montage- und Verbindungstechnik Buche-FSH-Fachwerkträger:
Blumer BSB AG, CH-9103 Schwellbrunn, www.blumer-bsb.ch

Lieferung Buchen-FSH:         
Pollmeier, 99831 Creuzburg, www.pollmeier.com

(Foto: Mächler AG)
(Foto: Mächler AG)
Das Dach-Geschoss für Büro- und Verkaufsräume ist in Holzrahmenbauweise errichtet worden. Es bringt ungleichmäßig verteilte Lasten auf die Dachkonstruktion darunter. (Foto: Casa-Vita / Frefel Holzbau)
Die abgebundenen Einzelbauteile aus Buchen-FSH setzte das ausführende Holzbauunternehmen bei sich im Werk mit speziell zugeschnittenen, eingeschlitzten Blechen und Stabdübeln zu Fachwerkträgern zusammen. Rundstähle, die später quer durch die auf die Gurte aufgenagelten Knotenbleche geführt werden, verbinden zum Schluss jeweils zwei Träger zu einem 40 cm breiten Zwillingsträger. (Foto: Blumer BSB)