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Der dreigeschossig ausgeführte Seitenbau ist viergeschossig geplant und kann bei Bedarf um ein Geschoss aufgestockt werden. Er steht fassadenbündig mit der Halle und verlängert sie optisch. Der Hallenneubau erhöht die Produktionskapazitäten und der als Besucher-Pavillon bezeichnete Dreigeschosser bringt Interessierten die hauseigenen Produkte in der Anwendung näher und macht damit den Holzbau erlebbar. (© Roland Wehinger)
Markant ist die Dachkonstruktion mit den Versprüngen zwischen den fünf Hallenschiffen, die den 114 m x 96,50 m großen Bau nach außen optisch gliedern. Eine Brücke verbindet die Produktionshalle mit dem dreigeschossigen Besucher-Pavillon. (© Würth)
Ingenieurholzbau der Superlative

Schlankes XXL-Dachtragwerk für Industriehalle

Mit dem Neubau der SWG-Produktionshalle in Waldenburg ist ein einzigartiges Gebäude entstanden. Das Dachtragwerk aus Buchenfurnierschichtholz überbrückt enorme Spannweiten mit einer besonders filigranen Konstruktion und übersetzt den architektonischen Entwurf damit in idealer Weise. 

++ Furnierschichtholz   ++ große Spannweiten ++ CO2-Einsparung ++ filigrane Konstruktionen

Im Gewerbepark Hohenlohe an der Autobahn A6 hat die SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion – an ihrem Firmensitz in Waldenburg ein einzigartiges Gebäudeensemble aus Produktionshalle und Bürohaus mit Ausstellungspavillon geschaffen. Mit dem Hallenneubau hat das Unternehmen nicht nur seine Kapazitäten erhöht, sondern auch einen Ingenieurholzbau realisiert, der als Pionierprojekt wegweisend ist. Mit der bewussten Entscheidung, in Holz zu bauen, will die Bauherrin ein Zeichen setzen und auf den positiven Effekt des Naturbaustoffs für den Klimaschutz durch CO2-Speicherung hinweisen. Das 1967 gegründete, zur Würth Gruppe gehörende Unternehmen zählt zu den größten Schraubenherstellern Europas. Mit rund 230 Mitarbeitern stellt es täglich bis zu 12 Millionen Schrauben her – Tendenz steigend. Dieser Entwicklung trägt der Neubau nun Rechnung.

Hallenneubau mit Besucher-Pavillon

Die neue Produktionshalle ist ein Ingenieurholzbau der Superlative: Mit enormen Abmessungen von knapp 96,50 m auf annähernd 114 m nimmt der rund 12 m hohe Hallenneubau eine Fläche von 11.000 m2 ein. In ihm stehen zahlreiche große Maschinen mit viel Technik, was unter anderem die Gebäudeabmessungen und damit auch die großen Spannweiten bestimmt hat. Zwei Spangen fassen die Halle ein, eine im Osten und eine im Westen. Darin sind Serviceeinrichtungen, Werkstätten, die Haustechnik sowie Umkleiden und Schulungsräume untergebracht.

Die Halle ist fünfschiffig angelegt und wird von einem kammartig geformten Dach überspannt. Die Hallenschiffe sind etwa 18,50 m breit. Ihre Dachflächen verspringen in regelmäßigen Abständen nach unten, wo sie einige Meter auf dieser Höhe weitergeführt werden, um dann wieder in die ursprüngliche Höhe überzugehen. Diese regelmäßigen Versprünge gliedern die großflächige Halle und sorgen wie Sheddächer, nur in umgekehrter Ausführung, für viel Tageslicht im Inneren.

Isometrie des fünfschiffig angelegten Hallentragwerks mit 114 m Breite (Ansicht von vorne) und 96,50 m Tiefe. Die Haupt-Fachwerkbinder überspannen die Halle mit 82 m zwischen der Westspange (hinterer Querriegel) und Ostspange (vorderer Querriegel). Isometrie: SWG Engineering
Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion)
Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion)
Grundriss EG Bildquelle: HK Architekten
Der Querschnitt (oben) und Längsschnitt (unten) zeigen das filigrane Tragwerk aus verschiedenen Fachwerk-Binder-Typen. Die Haupt-Fachwerkbinder überspannen mit 40 m und 42 m die Halle zwischen der West- und Ostspange (unten). Die unterspannten Fachwerk-Träger (oben) überspannen die Hallenschiffe mit 18,30 m Länge. Zeichnung: HK Architekten

Holz-Architektur schafft elegante Schlichtheit

Entworfen und geplant hat das Gebäudeensemble das Team rund um Hermann Kaufmann aus Schwarzach (Vorarlberg, Österreich) und seinen neuen Partnern Christoph Dünser, Roland Wehinger und Stefan Hiebeler, die seit Anfang 2018 zusammen unter dem Namen HK Architekten firmieren.

Die Materialwahl „Holz“ für das Tragwerk bzw. „Blech und Metall“ für die Fassade sollen das Tätigkeitsfeld von SWG Produktion und die Einsatzgebiete der Schrauben für den Holz- und Metallbereich widerspiegeln. Realisiert hat das in dieser Größe und Ausführung bisher einzigartige Tragwerk das SWG-eigene Ingenieurbüro SWG Engineering aus Rülzheim in Rheinland-Pfalz.

Um eine hohe Flexibilität in der Produktion zu gewährleisten, galt es, die Zahl der Stützen in der Halle auf ein Minimum zu reduzieren. Das führte zu einer Dachkonstruktion aus Fachwerkträgern, für die hochtragfähiges Buchenfurnierschichtholz (BauBuche) verwendet wurde. Sie überbrücken zum Teil enorme Spannweiten, wie etwa die 82 m langen und 3,80 m hohen Haupt-Fachwerke in Längsrichtung der Hallenschiffe. Lediglich auf einer BauBuche-Stütze gelagert, überspannen sie ein 40 m und ein 42 m großes Feld.

Das Buchenfurnierschichtholz ermöglichte aufgrund seiner hohen Festigkeit trotz dieser Überbrückungsweiten sehr schlanke Querschnitte. Das überzeugte auch Hermann Kaufmann:

„Die BauBuche-Träger waren ein Gewinn für die Gestaltung. Sie haben sensationell kleine Abmessungen, die sogar fast schlanker sind als Stahlträger es wären, und sie erscheinen dem Betrachter in eingebautem Zustand, hoch oben im Dach, noch filigraner."

Halle kann bei Bedarf noch mal erweitert werden

Da SWG Produktion in den nächsten Jahren mit einer weiteren Zunahme des Schraubenbedarfs für den Holz- und Ingenieurholzbau rechnet, haben die Architekten die Halle so ausgelegt, dass sie um zusätzliche 11.000 m2 erweitert werden kann. Doch jetzt startet erst mal die Produktion in der gerade fertiggestellten Halle unter dem weltweit größten Dachtragwerk aus Buchenfurnierschichtholz.

(Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe)

 

Das Dachtragwerk der neuen Halle von SWG Produktion bilden die rund 82 m langen und 3,80 m hohen Haupt-Fachwerkbinder in Längsrichtung. Den Tragwerksplanern gelang dies mit nur einer Zwischenstütze. Buchenfurnierschichtholz ermöglicht es, die Feldweiten von 40 m bzw. 42 m mit filigranen Träger-Abmessungen zu überbrücken. (© Würth)
Auskreuzungen in Dachebene und Aussteifungsriegel zwischen den Neben-Fachwerkbindern sind Teil des komplexen Aussteifungskonzepts der Halle. (© Würth)
SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion / Hallenneubau mit Buchen-Furnierschichtholz © Würth
Die 1,50 m hohen Neben-Fachwerkträger überspannen die Hallenschiffe mit 18,30 m und sind zwischen den Haupt-Fachwerkträgern eingehängt. Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Zimmermannsmäßige Verbindungen ermöglichen eine ideale Kraftübertragung in den Fachwerkknoten. Foto: Susanne Jacob-Freitag
Mittelstützen unter den Haupt-Fachwerkträgern, die in Untergurtebene über Brettsperrholzscheiben zu Shedgräben verbunden sind. Bei den Mittelstützen handelt es sich um hochbelastete Stützen, ebenfalls aus Buchenfurnierschichtholz. Jede einzelne nimmt eine Last von 2,8 MN auf, was dem Leergewicht eines Airbus 380 von 275 Tonnen entspricht bzw. dem zulässigen Startgewicht eines beladenen A380 mit maximal 575 Tonnen auf die zwei benachbarten Stützen. Foto: Susanne Jacob-Freitag
Mittelstützen unter den Haupt-Fachwerkträgern, die in Untergurtebene über Brettsperrholzscheiben zu Shedgräben verbunden sind. Bei den Mittelstützen handelt es sich um hochbelastete Stützen, ebenfalls aus Buchenfurnierschichtholz. Jede einzelne nimmt eine Last von 2,8 MN auf, was dem Leergewicht eines Airbus 380 von 275 Tonnen entspricht bzw. dem zulässigen Startgewicht eines beladenen A380 mit maximal 575 Tonnen auf die zwei benachbarten Stützen. Zeichnung: HK Architekten
Mittelstützen unter den Haupt-Fachwerkträgern, die in Untergurtebene über Brettsperrholzscheiben zu Shedgräben verbunden sind. Bei den Mittelstützen handelt es sich um hochbelastete Stützen, ebenfalls aus Buchenfurnierschichtholz. Jede einzelne nimmt eine Last von 2,8 MN auf, was dem Leergewicht eines Airbus 380 von 275 Tonnen entspricht bzw. dem zulässigen Startgewicht eines beladenen A380 mit maximal 575 Tonnen auf die zwei benachbarten Stützen. Zeichnung: HK Architekten
Im Anschlussknoten über der Mittelstütze treffen fünf Stäbe zusammen. Dieser Knoten überträgt die enormen Kräfte aus dem Fachwerk in die Mittelstütze. Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Der Knoten ist wie ein dreidimensionales Puzzle konzipiert. Die ankommenden Bauteile sind nicht nur so ausgebildet, dass sie alle Kräfte übertragen können, sondern auch so, dass alle Bauteile vor Ort einfach montiert werden konnten. Isometrie: SWG Engineering
Animation: SWG Engineering
Animation: SWG Engineering

Projektdaten im Überblick:

Bauvorhaben:            
Produktionshalle mit Büro- und Ausstellungsgebäude in Waldenburg

Bauweise: Ingenieurholzbau

Bauzeit:                                 
Oktober 2018 bis Dezember 2019
(Fertigstellung: Mai 2020)

Bauherr:                                 
SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion,
D-74638 Waldenburg

Architektur:               
HK Architekten, Hermann Kaufmann + Partner ZT
GmbH, A-6858 Schwarzach

Bauleitung:                
gapp Groß Architekten GmbH, D-80539 München 

Projektsteuerung:       
Mahl Projektsteuerung, D-74523 Schwäbisch Hall

Tragwerksplanung (Massivbau):
BHM-Ingenieure Engineering & Consulting GmbH

Tragwerksplanung (Holzbau):
SWG-Engineering, D-76761 Rülzheim

Holzbau:                                
Schlosser Holzbau GmbH, D-73489 Jagstzell

Brandschutz:             
Portz Brandschutz, D-70736 Fellbach

Lieferung BauBuche:
Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG
D-99831 Creuzburg

Produktionshalle in Holzbauweise: Architekten im Gespräch

Die 3,80 m hohen Haupt-Fachwerkbinder bestehen aus rund 28 m³ Buchenfurnierschichtholz und wiegen zusammen mit den Stahlverbindungsmitteln etwa 25 Tonnen (ohne: 20,3 Tonnen). Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Die Shedgräben wurde mit Hilfe eines Leergerüsts aus zwei Fachwerkbinder-Teilen und Brettsperrholz-Platten als „Grabensohle“ auf der Baustelle zusammengebaut. Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Anheben eines Shedgraben-Teils. Sie wurden auf Montageböcken aufgelagert, die erst entfernt werden durften, wenn das Tragwerk vollständig montiert und damit kraftschlüssig ist. Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion
Eine Abschottungs- bzw. Brandwand-Ersatzwand aus Brettsperrholz-Scheiben trennt das Drahtlager im letzten Hallenschiff von der Produktionshalle ab. Foto: HK Architekten
Die Halle steht. Es folgte der Einbau der Maschinen für die Schraubenproduktion. Foto: Susanne Jacob-Freitag
Bauzustand im Spätsommer 2019 Foto: SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion