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Die Spitze des A-förmigen Bankhauses ragt mit sieben Geschossen in die Höhe und fällt nach hinten auf vier Geschosse ab. Die Stockwerke über der zweigeschosshohen Eingangsebene kragen beidseitig aus, so dass sich mehr Geschossfläche erzielen ließ. Das hatte weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung des Tragwerks. (Fotos: Sindre Ellingsen)
Bankhaus der Extraklasse

Spitzes Hochhaus aus Holz und Glas:
Hauptsitz der SpareBank in Stavanger

Mit dem dreieckigen Hochhaus in Holz und Glas hat sich die SpareBank im norwegischen Stavanger an ihrem Hauptsitz einen Neubau der Extraklasse geleistet. Ein Holzskelett bildet das Tragwerk des bis zu sieben Geschosse hohen Bankhauses. Ein paar Kniffe in Sachen Tragwerksausbildung und Holzartenwahl ermöglichten den außergewöhnlichen Entwurf.

Mit dem neuen Hauptsitz Bjergsted Financial Park der norwegischen SpareBank in Stavanger ist eine außergewöhnliche Architektur in Holz und Glas gelungen. Das dreieckige Holzhochhaus liegt zentral zwischen der Innenstadt von Stavanger und dem Bjergsted Park am Hafen. Es füllt ein dreieckiges Grundstück zwischen zwei spitz zulaufenden Straßen und ist in seiner Höhe gestaffelt angelegt: Der Baukörper bildet an der nördlichen gelegenen Spitze, die in Richtung Park weist, mit sieben Geschossen den Hochpunkt und fällt über die Länge von 83 m bzw. 97 m auf vier Geschosse ab. Er besteht aus zwei Gebäudeflügeln, die sich wie ein A auffächern. Dazwischen liegt das Herzstück des Ensembles: ein glasüberdachtes Atrium mit einer skulptural anmutenden Treppenanlage aus Holz.

Die Ost- und Westfassade entlang der Straßen bis zur Gebäudespitze verspringen im unteren Bereich nach innen. Oder umgekehrt gesagt: Die Stockwerke kragen über den Bereich der Eingangsebene aus und schützen den Gehweg darunter wie ein kleines Dach – ein Kunstgriff, um mehr Geschossfläche zu erhalten.

(Fotos: Sindre Ellingsen)
Grundriss EG (Zeichnung: Helen & Hard-SAAHA)
Grundriss 2. OG (Zeichnung: Helen & Hard-SAAHA)
Modellschnitt durch die beiden Gebäudeflügel mit zentraler Treppenanlage und dreigeschossiger unterirdischer Stahlbeton-Konstruktion (Bildquelle: Helen & Hard-SAAHA)
3D-CAD-Modell der Holzskelettkonstruktion (Bildquelle: Moelven Limtre)

Gestaffelter Skelettbau mit zwei Geschossen
in Buchen-Furnierschichtholz

2014 hatte das Büro Helen & Hard gemeinsam mit dem Architekturbüro SAHAA den Wettbewerb für den neuen Hauptsitz der SR-Bank, Norwegens zweitgrößte Bankengruppe, gewonnen. Aufgrund der anfänglichen Skepsis des Bauherrn gegenüber Holz für ein solches Großprojekt zogen die Planer Koryphäe Hermann Blumer vom Ingenieurteam Création Holz aus Herisau, Schweiz, zur Beratung hinzu. Als Konzeptidee schlug er einen Holzskelettbau mit speziell ausgeformten Stützen und Trägern vor und stellte die Machbarkeit mit vorstatischen Überprüfungen sicher.

Das norwegische Ingenieurbüro „Degree of Freedom“ erarbeitete zum einen den Stahlbetonteil des Gebäudes – der gesamte Verwaltungsbau ruht auf einer dreigeschossigen, teils unterirdischen Stahlbeton-Konstruktion –, zum anderen aber auch die detaillierte Statik für den Holzbau samt der Übersetzung der Vorlagen in die Werkplanung. Création Holz lieferte die jeweils notwendige Unterstützung dazu.

Die oberirdische Tragstruktur besteht im Wesentlichen aus einem Holzskelettbau mit Stützen und Zangenträgern aus Buchen-Furnierschichtholz in den unteren zwei Geschossen bzw. aus Brettschichtholz in den darüber liegenden Etagen – Stützen und Träger sind quer zum Straßenverlauf im Tragwerksraster von 5,40 m angeordnet – sowie Decken aus Brettsperrholz. Buchen-Furnierschichtholz wurde überall da eingesetzt, wo besonders hohe Lasten aufgefangen werden mussten. Das war etwa bei den Stützten und Trägern im Erd- und ersten Obergeschoss der Fall, da die Planer die Stützen der Ost- und Westfassade rund 2,23 m aus der Fassadenebene nach innen gerückt haben. Der Versprung sorgt für hohe Auskragungslasten auf die Träger über dem ersten Obergeschoss und infolgedessen für entsprechend hohe Lasten auf die Stützen und Träger darunter.

Die charakteristische, von Hermann Blumer entwickelte organische Ausformung der Träger und Knoten mit den sichtbaren Buchen-Furnierschichtholz-Dübeln war in Skandinavien zuvor unbekannt. Neben ihrer tragenden Funktion bilden sie auch ein gestalterisches Markenzeichen des Bankhauses.

Die hochtragfähigen Buchen-Furnierschichtholz-Dübel bilden die charakteristischen Verbindungsmittel der organisch geformten Stützen/Träger-Anschlüsse. Die von Hermann Blumer entwickelte Verbindung wirkt gleichzeitig wie ein Gestaltungsmittel. (Foto: Sindre Ellingsen)
Gut sichtbar: die jeweils dreiteiligen Zangenträger mit Buchen-Furnierschichtholz-Einlegeplatten. (Foto: Sindre Ellingsen)

Aussteifung mit Stahlbeton, Deckenscheiben und Brüstungsträgern

Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über die vier Stahlbeton-Erschließungskerne, die Brettsperrholz-Deckenscheiben sowie über die umlaufenden Brüstungsträger aus Buchen-Furnierschichtholz. Letztere verbinden die achsenweise als Rahmentragwerke ausgebildeten Stützen und Träger wie Ringbalken und versteifen zusätzlich die Decken an den Stirnseiten. Sie tragen außerdem die Fassadenverglasung. Selbst die Auskragungen an der Süd- und Nord-Seite des Gebäudes ließen sich erst mithilfe der Brüstungsträger realisieren. Sie nehmen die Zug- und Druckkräfte aus den Windlasten auf und übertragen sie über die Deckenscheiben in die Betontürme.

Skulpturale Treppe: ein Meisterwerk für sich

Eine besondere konstruktive Leistung stellte außerdem die Holzkonstruktion der geschwungenen Haupttreppe als das Herzstück der Bank dar. Wie eine Raumskulptur rankt sie sich geschossweise in die Höhe. Nach dem ersten geraden Treppenlauf schwingt sich die Treppenkonstruktion in vier höhenversetzt sich überschneidenden, winkelförmigen Einzeltreppen bis in die oberste Etage. Die doppelt gekrümmten Wangen scheinen dabei aus den jeweiligen Galerieebenen abzuzweigen. Die Treppe wurde von der Firma Hokon in Zusammenarbeit mit der Firma Hess Timber in Deutschland gebaut und in 17 LKW-Ladungen nach Norwegen geliefert. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung – und wahrscheinlich bis heute – galt sie als größte freischwingende Holztreppe der Welt. Ohne das Mitwirken der Schweizer Ingenieure hätte sie allerdings niemals im Rahmen der zulässigen Schwingungen realisiert werden können. Nun steht sie ganz selbstverständlich da. Lichtbänder betonen ihren skulpturalen Charakter und begeistern Nutzer und Besucher täglich aufs Neue.

(Dipl.-Ing (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe)

Die unterseitige Deckenbekleidung versteckt die Tragkonstruktion und unterstreicht mit dem geschwungenen Verlauf den organischen Entwurf. Die Holz-Lamellen sind an einer Metall-Unterkonstruktion fixiert und dienen auch als Akustikdecke. (Foto: Sindre Ellingsen)
Wie eine Raumskulptur füllt die geschwungene Haupttreppe den Luftraum des Foyers der SR-Bank von Stavanger. Sie ist ein Ingenieurskunstwerk und soll auch eine der größten Holztreppen der Welt sein. (Foto: Sindre Ellingsen)

Projektdaten im Überblick:

Bauvorhaben: Finansparken Bjergsted AS, NO-4007 Stavanger, www.finansparken.no

Fertigstellung: November 2019

Baukosten: ca. 40 Mio. Euro

Bauherr: SpareBank 1 SR-Bank, Stavanger, www.sr-bank.no

Architektur: Helen & Hard AS, NO-4014 Stavanger, www.helenhard.no, und SAAHA, NO-0178 Oslo, www.saaha.no

Tragwerksplanung: Degree of Freedom AS, NO-0182 Oslo, www.dofengineers.com, in Kooperation mit Création Holz AG, CH-9100 Herisau, www.creation-holz.ch

Holzbau: Moelven Limtre AS, NO-2390 Moelv, www.moelven.no

Lieferung Buchen-Furnierschichtholz: Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG, 99831 Creuzburg, www.pollmeier.com

Stützen und Träger sind in den Kreuzungspunkten per Überblattungen miteinander verkämmt. Die 38 cm breiten Brettschichtholz-Zangenträger sind ab dem 2. OG dreiteilig ausgeführt: Auf einen äußeren, 19 cm breiten Balken, folgen eine 6-8 cm dicke Buchen-Furnierschichtholz-Einlegeplatte und ein weiterer, 11-13 cm breiter, 54 cm hoher Balken. (Bildquelle: Helen & Hard-SAAHA)
Eine im Werk vormontierte Rahmenkonstruktion aus Brettschichtholz für den siebengeschossigen Gebäudebereich. (Foto: Helen & Hard-SAAHA)
Luftbild des neuen Hauptsitzes der SpareBank in Stavanger © SpareBank