Detail der Holzkonstruktion aus Brettschichtholz (Fichte) des Pavillons KA300 in Karlsruhe. Entworfen von Jürgen Mayer H. Architekten aus Berlin errichtete Rubner Holzbau den Pavillon im Schlosspark in Karlsruhe. Foto: Frank Dinger
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Im Sommer 2015 wurde der Pavillon KA300 für wenige Monate als Veranstaltungsort für die Feierlichkeiten zum 300. Gründungstag der Stadt Karlsruhe genutzt. Foto: Frank Dinger
Pavillon KA300 bei Nacht, der für wenige Monate als Veranstaltungsort für die Feierlichkeiten zum 300. Gründungstag der Stadt Karlsruhe genutzt wurde. Foto: Frank Dinger
Der Pavillon KA300 bei Nacht als spektakuläre Kulisse für die Feierlichkeiten zum Stadtjubiläum. Foto: Frank Dinger
Die Belichtung bei Nacht betonte die skulpturale Qualitäten der Holzkonstruktion, die als beliebter Treffpunkt ein Schauplatz vieler Veranstaltungen war. Foto: Frank Dinger
Eine Gitterstruktur aus 72 horizontalen Trägern und 98 unterschiedlich geneigten Stützen wurde aus rund 338 m³ Brettschichtholz (Fichte) und unter dem Einsatz von 30 t Stahlbauteilen errichtet. Foto: Franz Dinger
Unterschiedlich geneigte Stützen und eine Gitterstruktur aus horizontalen Trägern versteckten den Veranstaltungsraum mit Cafeteria im Inneren der skulpturalen Brettschichtholzkonstruktion. Foto: Frank Dinger

Pavillon KA300 in Karlsruhe

Deutscher Holzbaupreis 2017 - Engere Wahl

Für die Feierlichkeiten zum 300. Gründungstag der Stadt Karlsruhe konzipierten die Berliner Architekten Jürgen Mayer H. und Partner einen temporärer Veranstaltungspavillon mit einer dynamischen Holzkonstruktion aus Stabprofilen. Eine Gitterstruktur aus 72 horizontalen Trägern und 98 unterschiedlich geneigte Stützen aus Brettschichtholz umgaben einen Veranstaltungssaal, eine Cafeteria und eine Infothek.

 

  

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Skulpturaler Veranstaltungsraum

In der Zeit vom 17. Juni bis 27. September 2015 war der Pavillon im Schlosspark ein beliebten Treffpunkt und zentraler Veranstaltungsort der Feierlichkeiten zum 300. Gründungstag der Stadt Karlsruhe. Vielfältige Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Theater- und auch Filmaufführungen fanden in einem integrierten Saal mit Bühne und dem Café statt. Auf einer Nutzfläche von rund 1.000 m² boten im Erdgeschoss der Veranstaltungssaal mit Bühne, die Cafeteria und eine Infothek Raum für 300 bis 600 Besucher.

Das durch zum Teil bewegliche Membranen wettergeschützte Volumen belief sich auf 2.800 m³, insgesamt umfasste die Hüllgeometrie der auskragenden Stabkonstruktion 12.700 m³. Besonders beliebt waren beim Publikum die Ausstellungsebene sowie zwei Aussichtsplattformen mit Rundblick auf den denkmalschützten Schlossgarten.

Die konzeptionelle Idee der offenen Struktur im Schlosspark ging auf den barocken, geometrischen Grundriss von Karlsruhe zurück, der inspiriert durch das Schloss von Versailles des französischen „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. im frühen 18. Jahrhundert für die Residenzstadt Karlsruhe konzipiert wurde. Fortan gingen vom Schloss barocke Strahlen aus, die als Wege und Straßen den Stadtgrundriss prägten wie auch die Parks und Landschaft durchzogen.

Die Architekten Jürgen Mayer H. und Partner transformierten das barocke Liniennetz des Stadtgrundrisses zunächst in ein räumliches Linienfeld und schließlich in eine Holzkonstruktion mit geneigten Stäben. Mit dieser expressiven, skulpturalen Holzkonstruktion aus Stabprofilen überzeugten Jürgen Mayer H. und Partner gemeinsam mit Rubner Holzbau die Jury und gewannen den Wettbewerb mit Bieterverfahren.

Pavillon KA300 im denkmalgeschützten Schlossgarten, der im Sommer 2015 für wenige Monate an den 300. Gründungstag der Stadt Karlsruhe erinnerte. Foto: Frank Dinger
Der Pavillon KA300 von Jürgen Mayer H. und Partner fügt sich dynamisch den denkmalgeschützten Schlossgarten ein. Foto: Franz Dinger
In der Parklandschaft zog der Pavillon magnetisch die Blicke der Besucher an, weil er sich bei jedem Schritt in seiner Erscheinung wandelte. Foto: Franz Dinger

Konstruktion Brettschichtholz (Fichte)

Temporäre Bauten ermöglichen einen freien Umgang mit der Formenvielfalt des Holzbaus, weil viele technische Anforderungen bei einer kurzen Nutzungsdauer nicht relevant sind. In diesem Sinne treten auch bei der dynamischen Konstruktion für den Pavillon KA 300 praktische Fragen des konstruktiven Holzschutzes hinter einer spektakulären Form zurück.

Die Konstruktion mit 98 unterschiedlich geneigten Stützen und einer Gitterstruktur aus 72 horizontalen Trägern wurde aus rund 338 m³ Brettschichtholz (Fichte) errichtet und unter dem Einsatz von
30 t Stahlbauteilen, 20.000 selbstschneidenden Schrauben und 2.000 Stahlbolzen Ø 20 x 440 mm zusammengebaut. Mit Plattenwänden und Zugdiagonalen wurde die Stabkonstruktion ausgesteift, die durch die vielen unterschiedlichen Neigungswinkel eine Vielzahl unterschiedlicher Knotensituationen aufwies.

Im Februar 2015 begann die kurze Bauzeit mit montagefertig abgebundenen und grau lasierten Holzelemente von Rubner Holzbau, der als Generalunternehmer auch Zusatzgewerke wie Geländer, Treppen und Teilen der Inneneinrichtung ausführte. Der Leistungsumfang umfasste die Tragwerks-, Ausführungs- und Werkstattplanung sowie Produktion, Lieferung und Montage. Darüber hinaus übernahm Rubner auch den Rückbau im Oktober 2015 und die nachhaltige Wiederverwertung des Pavillons. Der Veranstaltungspavillon wurde auf einer Grundfläche von 52 x 27 Metern mit einer Höhe von 16,4 Metern errichtet.

Detailansicht des Pavillons mit der innenliegenden Treppe, die zur beliebten Aussichtsplattform hinaufführte. Foto: Frank Dinger
Fußpunkt der Holzkonstruktion: Verbindungsmittel und Stahlelemente verankern die unterschiedlich geneigten BSH-Stützen im Boden und verbinden die Stabelemente mit Bolzen untereinander. Foto: Frank Dinger

Fertigung und Montage

Grundlage der Ausführungsplanung war ein 3D-Modell der Architekten, das Rubner Holzbau mit der Hilfe von RSTAB detailliert als dreidimensionales Modell weiter ausformulierte. Die Stabstruktur folgte 10 Längs- und Querachsen. Längsträger und Stützen lagen nebeneinander, während die Quer- und Längsträger sich durchdrangen (Stoß im Querträger). Seitlich auskragende Stäbe wurden biegesteif angeschlossen. Für die Modellierung waren rechnerisch 2.800 Stäbe und 2.000 Knoten erforderlich. Für jeden Anschluss ergaben sich in der Detailplanung individuelle Situationen aus Geometrie und Schnittgrößen. Die Anschlüsse wurden von Rubner Holzbau wie folgt beschrieben und ließen sich grob in a) für das Tragwerk charakteristische Anschlüsse und b) unterstützende Strukturen und deren Anschlüsse gliedern:

a) Fundamentanschlüsse wie auch Anschlüsse von Schrägstützen und Längsträger (mit und ohne Längsdiagonalen), Anschlüsse von Längsträger mit Querträger (gelenkig und biegesteif)


b) Substruktur der Fachwerkträger über dem Veranstaltungsbereich, Substruktur des Hängewerks (Auswechslung zweier nicht zum Boden geführter Stützen im Bereich der Cafeteria), Substruktur des Sprengwerks oberhalb der Bühne, stirnseitige Aussteifungskreuze und den Leno-Aussteifungskomplex (Abtrag von Horizontalkräften aus Struktur und Wind)

Richtspruchfest am 24. März 2015 in Karlsruhe, in der Mitte Architekt Jürgen Mayer H. aus Berlin. Foto: Rubner Holzbau
Das Logo für 300 Jahre Stadtgründung Karlsruhe auf dem Absperrband und die gestalterische Konzeption des Pavillons gingen Hand in Hand. Foto: Rubner Holzbau
Eine Gitterstruktur aus 72 horizontalen Trägern und 98 unterschiedlich geneigten Stützen wurde aus rund 338 m³ Brettschichtholz (Fichte) und unter dem Einsatz von 30 t Stahlbauteilen errichtet. Foto: Franz Dinger
Die geneigten Stabprofile wurden mit einer Vielzahl von Stahlteilen mit den horizontalen Trägern verbunden. Foto: Rubner Holzbau
Konstruktion aus Brettschichtholz (Fichte), die in einem Feld von Stabprofilen auch Raum für Veranstaltungen und Begegnungen bot. Foto: Rubner Holzbau
Ansicht des Pavillons, bei der zwischen den schrägen Stabprofilen die inneren Einbauten für die Veranstaltungsbühne mit Cafeteria und Infothek sichtbar waren. Foto: Rubner Holzbau
Pavillon KA300 im Bau: Im Hintergrund das historische Schloss von Karlsruhe. Foto: Rubner Holzbau
Mit montagefertig abgebundenen, gebohrten und grau lasierten Holzelementen begann im Februar 2015 die kurze Bauzeit. Foto: Rubner Holzbau

Projektdaten im Überblick

Bauherr

Stadtmarketing Karlsruhe GmbH, Karlsruhe

Architekten

J. Mayer H. und Partner, Berlin

Tragwerksplaner

Rubner Holzbau GmbH, Augsburg

Holzbau

Rubner Holzbau GmbH, Augsburg

Bauzeit Holzbau

Produktionsbeginn: 11/2014, Richtfest Holzbau: 03/2015, Eröffnung: 20.06.2015

 

Objektdaten

Dachfläche ca. 52,00 x 52,00 m

BGF: 1.000 m²

BRI: 12.700 m³

 

Konstruktion

Brettschichtholz 388 m³

98 geneigte, bis zu 19 m lange Stützen

Gitterstruktur aus 72 horizontalen Trägern

30 t Stahlbauteile

Geklebte konstruktive Vollholzprodukte

Die Webseite Ingenieurholzbau.de informiert über die Herstellung und das Bauen mit geklebten konstruktiven Vollholzprodukten wie Brettschichtholz (BS-Holz), Brettsperrholz (X-Lam oder BSP-Holz), Balkenschichtholz (Duobalken® oder Triobalken®) und Furnierschichtholz. 

>>> mehr Informationen zu den Produkten im Überblick

 

Produkte

(Duobalken® und Triobalken®) ist ein industriell gefertigtes Produkt aus zwei bis fünf flachseitig, faserparallel miteinander verklebten Brettern, Bohlen oder Kanthölzern.

Balkenschichtholz

(BS-Holz oder BSH) ist ein industriell gefertigtes Produkt für tragende Konstruktionen. Es besteht aus mindestens drei faserparallel miteinander verklebten getrockneten Brettern oder Brettlamellen aus Nadelholz.



Brettschichtholz
(BSP oder X-Lam) ist ein massives flächiges Holzprodukt für tragende Zwecke. Es wird als Platten- oder Scheibenelement eingesetzt.

Brettsperrholz
(FSH; auch LVL, abgeleitet von englisch Laminated Veneer Lumber) besteht aus ca. 3 mm starken Schälfurnieren aus Nadelholz, selten auch aus Laubholz.

Furnierschichtholz