Monumental und doch transparent – diese beiden scheinbaren Gegensätze verbindet ein Gewerbebau von F64 Architekten in einem Tragwerk aus Buchenfurnierschichtholz. Der Gewerbebau zieht weithin sichtbar mit einer gefalteten Fassade und Dachkonstruktion die Blicke auf sich. Wie eine monumentale Haube, die auf einer schlanken Konstruktion zu schweben scheint, ist die Hülle mit dem für die Region typischen Material Schiefer verkleidet. In Gegensatz dazu besticht der Innenraum der Produktionshalle durch die schlanken Profile der Dachkonstruktion und den Ausblick in die Landschaft.
Energiebewusstes Nullenergiehaus
Das Produktionsensemble umfasst neben einem flachen Verwaltungsbau mit Technik- und Aufenthaltsräumen auch die angrenzende Produktionshalle mit einer Fläche von 1.150 m². Der Komplex ergänzt einen Betriebsstandort in der Nähe von Probstzella und liegt verkehrsgünstig angeschlossen in einer Hügellandschaft. Mit Blick auf eine CO2-neutrale Produktion wünschte sich der Bauherr von den Architekten nicht nur ein Nullenergiehaus, das mit einer Photovoltaikanlagen auf dem Dach und einer Geothermie-Kollektoranlage für den Kühlbedarf auch die Abwärme der Maschinen für die Wärmeversorgung nutzt.
Klimaneutraler Holzbau
Von Anfang an unterstützte der Bauherr die Verwendung des Baumaterials Holz für eine möglichst CO2-neutrale Gebäudekonzeption. Aus den ersten Überlegungen heraus entwickelte sich schließlich ein beeindruckendes, filigranes Tragwerk aus Fachwerkträgern, das ebenso wie die Kranbahnträger für den Hallenkran und die Stützen aus Buchenfurnierschichtholz hergestellt wurde. Der Deutsche Holzbaupreis 2017 würdigte nicht nur die konstruktive Pionierarbeit mit dem geklebten Vollholzprodukt aus Buchenholz, sondern auch die nachhaltige Gebäudekonzeption für einen wegweisenden Gewerbebau.
Schlankes Buchenholz-Fachwerk
Bis zu einer Höhe von drei Metern ist das Holzgebäude rundherum im Erdgeschoss verglast. Großflächige Glaselemente öffnen die ebenerdigen Büros und Aufenthaltsräume wie auch die Produktionsflächen mit Panoramaausblicken zur umgebenden Landschaft. Ob Büro oder Produktion – alle Arbeitsplätze sind gleichwertig ausgestattet und werden nur durch eine raumhohe Verglasung als Schutz gegen Schall und Staub von einander getrennt. Mit der visuellen und räumlichen Verbindung zwischen Verwaltung und Produktion wird die Gleichwertigkeit aller Arbeitsplätz und die gemeinsame Teamleistung betont.
Transparenz und Raumwirkung
Auch die Konstruktion der Halle unterstreicht, wie sich der Teamgeist in dem Unternehmen unter einem Dach entfaltet. Die Obergurte der schlanken Fachwerkträger sind bündig in die Hallendecke eingelassen. Die Fachwerkkonstruktion der über 25 m breiten Halle wurden aus statisch schlank bemessenen Buchenfurnierschichtholz-Elementen gefertigt. Mit den geklebten Vollholzprodukte aus Laubholz konnte das Tragwerk sehr viel niedriger und schlanker ausgeführt werden. So entstand eine helle Produktionshalle, deren lichte Höhe ausreichend Raum für die Platzierung von hohen Maschinen und Regalen bietet. Über die funktionalen Vorteile hinaus, legte der Bauherr besonders großen Wert auf die Transparenz der Produktionsanlagen und die Raumwirkung des gesamten Volumens.
Skulpturales Dachrelief mit Schieferverkleidung
Von außen ist die filigrane Dachkonstruktion mit einer skulpturalen Verkleidung umhüllt, die mit anthrazitfarbendem Schiefer belegt wurde. Das Hallendach wurde in Segmente unterteilt, die in unterschiedlichen Winkeln leicht gegeneinander gekippt sind. Licht und Schatten verstärken im Laufe des Tages die Wirkung des Reliefs und seine "felsartige" Anmutung . Mit der Schieferbekleidung schaffen die Architekten eine assoziative Verbindung zu den alten Schieferbrüche des nahe gelegenen Thüringer Schiefergebirges. Die durch die Schrägstellungen entstehenden dreieckigen Seitenflächen wurden mit Metallblechen gegen Witterungseinwirkungen verkleidet. Auch im Inneren wird der Bezug zur regionalen Schieferlandschaft mit einem Natursteinboden im Verwaltungsbereich und einem fast schwarz durchgefärbten Industrieboden im Bereich der Produktion fortgesetzt.
Stützen und Diagonalen aus Furnierschichtholz
Die Stützen wie auch die Diagonalen, die im Bereich der Windverbände des Haupttragwerks eingesetzt sind, wurden aus Buchenfurnierschichtholz hergestellt. Oberhalb der verglasten Erdgeschosszone sind zwischen den Buchenholz-Stützen und den Fachwerkträgern weiß lasierte Dreischichtplatten angebracht. Die weiße Farbe von Decke und Seitenwänden bildet einen spannungsvollen Kontrast zum warmen Rotton des naturbelassenen Tragwerks aus Buchenholz. In die Produktionshalle fällt nicht nur Licht durch die seitlichen, drei Meter hohen Fensterflächen ein, sondern auch über die verglaste Stirnseite auf der südlichen Seite. Die verglaste Fassade bietet einen einnehmenden Panoramaausblick auf die umgebende Hügellandschaft.
Präzise Verbindung mit Blechen und Stabdübeln
Eine besondere Herausforderung für die Konstruktion des schlanken Tragwerks waren die Knotenpunkte, die mit eingeschlitzten Blechen und selbstbohrenden Stabdübeln verbunden sind. In einem ersten Arbeitsschritt wurden Schlitze in die geklebten Buchenholzelemente eingeschnitten, in die dann die Bleche eingesetzt wurden. Die selbstbohrenden Stabdübeln durchschneiden in einem Arbeitsschritt das Holz wie auch das Blech. Sie schaffen ohne Vorbohren eine präzise, kraftschlüssige Verbindung. Durch dieser Fertigungsweise konnte die Konstruktion in sehr kurzer Zeit und sehr wirtschaftlich errichtet werden.
Bauherr
grimelo GmbH & Co. KG, Leutkirch
Standort
Am Überlandwerk 1B, Probstzella
Architekten
F64 Architekten BDA, Kempten
Tragwerksplaner
Merz Kley Partner, Dornbirn
Ausführende Firmen
Holzbau Amann GmbH, Weilheim-Bannholz
Fertigstellung
August 2016
Fotos
Michael Christian Peters
Die Webseite Ingenieurholzbau.de informiert über die Herstellung und das Bauen mit geklebten konstruktiven Vollholzprodukten wie Brettschichtholz (BS-Holz), Brettsperrholz (X-Lam oder BSP-Holz), Balkenschichtholz (Duobalken® oder Triobalken®) und Furnierschichtholz.