Die klar strukturierte Dreifach-Sporthalle in Stuttgart-Waldau erscheint außen und innen ebenso schlicht wie elegant. Dabei basiert die Form des kammartig geformten Daches auf zehn Fachwerkbindern aus hochtragfähigem Buchen-Furnierschichtholz. Paarweise zu kastenähnlichen Raumtragwerken verbunden und auf Abstand verlegt, bilden sie die formschöne Konstruktion aus. Sie prägt den Innenraum und sorgt für maximal viel Tageslicht in der Halle.
Die im Herbst 2020 fertiggestellte Dreifach-Sporthalle liegt im Zentrum des Sport- und Erholungsgebiets Waldau, des zweitgrößten Sportareals in Stuttgart. Trotz des kompakten Baukörpers mit Abmessungen von 58 m Länge, 50 m Breite und 10,50 m Höhe ist es den Architekten gelungen, das Hallenbauwerk so geschickt in die Umgebung zu integrieren, dass sich sein Volumen beinahe unauffällig in die Landschaft einfügt. Der Neubau ist als Mischkonstruktion konzipiert, wobei aus Gründen der Nachhaltigkeit vor allem Holz verwendet wurde. Lediglich die erdberührten Bauteile sind aus Stahlbeton.
Die Halle selbst ist übersichtlich und klar strukturiert, sämtliche Funktionen sind auf einer Ebene angeordnet. Das Zentrum bildet der Hallentrakt samt Zuschauertribüne. Umsäumt wird er von verschiedenen Funktionsräumen. Im Süden befindet sich der verglaste Eingangsbereich, an den sich ein großzügiges Foyer anschließt. Eine zur Halle hin offene Flurzone verbindet das Foyer mit den Zuschauerbereichen auf der einen und mit dem Multifunktionsraum und der Indoor-Bewegungslandschaft auf der anderen Seite.
Für das Dachtragwerk der Sporthalle haben die Planer vor allem Buchen-Furnierschichtholz, auch als Baubuche bekannt, gewählt, mit dem Ziel, möglichst schlanke Querschnitte und geringe statische Höhen zu erhalten. Dabei funktioniert die kammartig geformte Konstruktion wie ein Sheddach. Gebildet wird es aus zehn Fachwerkträgern aus Baubuche der Festigkeitsklasse GL 75, die paarweise zu rund 3,40 m breiten kastenähnlichen Raumtragwerken verbunden wurden. Die Fachwerkträger, deren 28 cm breite und 32 cm hohe Ober- und Untergurte mit einer Überhöhung gefertigt wurden, überbrücken bei einer Trägerhöhe von 2,80 m eine Spannweite von 30,25 m. Shedsparren, ebenfalls aus Baubuche, verbinden die Fachwerke an den Stirnseiten jeweils an den Ober- und Untergurten über Vollgewindeschrauben biegesteif miteinander.
Eingeschlitzte Bleche und Stabdübel stellen die zug- und druckfesten Verbindungen der Fachwerkknoten her. Zusätzlich erhielten die jeweils 21 Tonnen schweren Sheddach-Doppelfachwerke an den Seiten bis zu einer Höhe von 80 cm und obenauf über die gesamte Länge eine 10 cm dicke, weiß lasierte aufgeschraubte Brettsperrholz-Platte. Dabei fungiert die Dachplatte als aussteifende Scheibe. Sie nimmt die in den Fachwerkträgern wirkenden Biege- und Normalkräfte auf und sichert die Querschnitte gegen Verdrehen und Verschieben.
Die Sporthalle ist im Bereich des Hallenbaukörpers als Holzskelettbau aus Brettschichtholz-Stützen und -Träger der Festigkeitsklasse GL 24h konzipiert. Die Außenwände und Wände der Anbauten an die Sporthalle mit Büros, Umkleiden für die Außensportplätze, Multifunktionsraum und Bewegungslandschaft wurden in Holzrahmenbauweise ausgeführt. Das Dachtragwerk der Halle rund um die Sheddach-Konstruktionen und der Anbauten besteht aus einer Balkenlage aus Konstruktionsvollholz (KVH) bzw. Brettschichtholz mit einer Beplankung aus 30 mm dicken OSB-Platten; Letztere sind an den Stößen über Deckleisten zu statisch wirksamen Scheiben verbunden. Im Bereich der Anbauten bleibt die Balkenlage sichtbar. Die Aussteifung des Holztragwerks gegen horizontale Lasten aus Schiefstellung und Wind wird durch sowohl über die Dachscheibe als auch über die Holzwandscheiben ohne Einsatz von Stahldiagonalen gewährleistet.
Die raumprägenden Fachwerkträger aus Baubuche stehen stellvertretend für die vielschichtigen Qualitäten des modernen Ingenieurholzbaus. Die Realisierung mit Hilfe einer durchgängigen 3D-Planung, einem weitreichendem Vorfertigungsgrad sowie aufeinander getaktete Transport- und Montageprozesse ermöglichte eine vergleichsweise kurze Bauzeit. Für die Sporthalle Waldau wurde eine Holzmenge von rund 750 m³ verbaut. Das entspricht einer CO2-Speicherung von über 687 Tonnen. Unterm Strich ist der Neubau ein klimaneutrales Gebäude. Der Bau wurde mit 200.000 Euro gefördert und soll als Prototyp des Sportstättenbaus „im Ländle“ Schule machen.
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Bauvorhaben: Dreifach-Sporthalle, Stuttgart-Waldau
Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart, Amt für Sport und Bewegung, vertreten durch das Hochbauamt, D-70173 Stuttgart, www.stuttgart.de/vv/verwaltungseinheit/amt-fuer-sport-und-bewegung.php
Bauzeit: April 2019 bis September 2020
Architektur, Entwurfsplanung: Glück + Partner GmbH, D-70197 Stuttgart, www.glueck-partner.com
Projektsteuerung, Projektleitung: Landeshauptstadt Stuttgart, Hochbauamt
Holzbau Vorfertigung, Montage: müllerblaustein HolzBauWerke GmbH, D-89134 Blaustein, www.muellerblaustein.de
Tragwerksplanung: merz kley partner GmbH, A-6850 Dornbirn, www.mkp-ing.com
Bauphysik: Gutbrod Bau Physik Ingenieurbüro GmbH, D-71706 Markgröningen, www.ib-gutbrod.com
Landschaftsplanung: Glück Landschaftsarchitektur GmbH, D-70176 Stuttgart, www.glueck-la.de
HLS: S Plus Ingenieurgesellschaft mbH, D-73230 Kirchheim unter Teck, www.splusgmbh.de
Auszeichnungen: Förderpreis des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Innovation und Energiewende 2014-2020, Demonstrationsvorhaben Holzbauten