Die Probleme und Herausforderungen im Städtebau und Siedlungswesen im Jetzt sind ebenso vielfältig wie die, die auf uns zukommen werden. Seit Jahren steigt die Nachfrage nach kostengünstigen, kleinen und variablen Wohnungen, für junge Leute, Alleinerziehende und Familien ebenso wie für ältere Semester und Menschen mit Handicap.
Der gesamtgesellschaftliche Wandel hat sich verstetigt, so dass es Lösungen bedarf, die flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können. Dabei stehen neben den Baukosten auch die Bauzeit, die Flächenversiegelung und die Dauerhaftigkeit auf der Agenda. Des Weiteren spielt eine möglichst hohe Nutzungsvielfalt eine zentrale Rolle. Denn die Grundrisse nicht weniger Gebäude und Wohnungen, die heute gebaut werden, entsprechen bereits nach relativ kurzer Zeit nicht mehr den Lebensbedürfnissen der Menschen. In Ableitung dessen sind Architektur, Holzbau, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik aufgefordert, um aus diesem Dilemma eine Perspektive für diverse Zielgruppen zu entwickeln: bezahlbarer Wohnraum mit überschaubaren Nebenkosten und flexibel modifizierbaren Wohnraumdesigns, die dem starren Bauträgereinerlei eine gangbare Alternative entgegensetzen.
Grundsätzlich halten die hochwärmegedämmten Gebäudehüllen heutiger Zeit die Heiznebenkosten niedrig. Des Weiteren werden insbesondere im modernen Holzbau die Möglichkeiten vorelementierter Bausysteme weitestgehend ausgeschöpft. Hierbei stehen z.B. dessen hohe Zugfestigkeit bei vergleichsweise geringem Eigengewicht sowie eine schnelle und trockene Montage im Vordergrund. Der hohe Vorfertigungsgrad kann z.B. die Durchfensterung mit Sonnenschutz, die Leerrohre für die Installationen sowie die Oberflächen der Innenräume und die abschließende Holzfassade inkludieren. Im Zuge dessen hat sich die Montage sukzessive von der Baustelle in die Werkhalle verlagert, wo witterungsunabhängig bei gleichbleibenden Bedingungen präzise gearbeitet werden kann. Dabei erfolgt die Fertigung der Holzbauelemente im Werk parallel zur Erstellung des Rohbaus auf der Baustelle, mit entsprechend kurzen, stringent einzuhaltenden Produktions- und Transportabfolgen, was den Bauprozess beschleunigt und die Baukosten aufgrund verkürzter Montagezeiten senkt. Überdies kommen im Holzhybridbau Vorhangfassaden in Holztafelbauweise zum Einsatz, die an ein Stahlbeton-Skelett montiert werden. Diese Vorgehensweise vereint Variabilität und Ökonomie, denn durch die Trennung der Fassade von der Tragstruktur kann die Innenraumgestaltung nicht nur frei erfolgen, sondern auch bei neuer Nutzung ohne größeren Aufwand modifiziert werden, bei unveränderter Fassade. Ferner wird durch die vergleichsweise schlanken Wandquerschnitte des Holztafelbaus mehr Nutz- bzw. Wohnfläche im Verhältnis zur Grundrissfläche generiert. Und da die Vorhangfassaden als nicht tragende Außenwände von statischen Aufgaben befreit sind, dürfen diese brandschutztechnisch in lediglich F30 bzw. B1 (Fassadenbekleidung) ausgeführt werden, was sich ebenfalls baukostensenkend auswirkt.
(Text: Marc Wilhelm Lennartz - Unabhängiger Fachjournalist, Referent & Buchautor)
Im Hamburger Wohnquartier Neugraben-Fischbek entstanden zwei viergeschossige Wohnhäuser in Holzmassivbauweise mit einer garantierten Netto-Kaltmiete von 8 Euro pro Quadratmeter. Insgesamt 44 neue Wohnungen mit lichtdurchfluteten Zimmern und einer Größe von rund 100 m2 sind vor allem für junge Familien mit bis zu vier Kinder entstanden.
Im Bezirk Treptow-Köpenick hat die Howoge Wohnungsbaugesellschaft 3 fünfgeschossige Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 42 Mietwohnungen errichtet. Die drei Baukörper wurden leicht gedreht zueinander platziert. Innen warten die Mehrfamilienhäuser mit einem Mix aus Single-Appartements mit 36 m² Wohnfläche bis hin zu Familienwohnungen mit 100 m² Wohnfläche auf. Davon erhalten 16 Wohnungen über einen Zeitraum von 20 Jahren eine Förderung, woraus eine Kaltmiete von 6,50 Euro/m² resultiert. Für die restlichen 26 Wohnungen werden im Schnitt knapp zehn Euro Kaltmiete je m² aufgerufen. Der Hybridbau basiert auf einem Erdgeschoss aus Kalksandstein, worauf werkseitig inklusive Fenster, Elektro-Installationen und vorvergrauter Wechselfalz-Brettschalung vorgefertigte Holztafelbau-Wandelemente platziert wurden. Innenliegend steift je Gebäude ein Erschließungskern mit Treppenhaus und Aufzugsschacht aus Stahlbeton-Fertigteilen die Konstruktion aus. Einen weiteren Bestandteil der Hybridkonstruktion bilden die Decken, die als Fertigteile aus Stahlbeton-Hohlkörperelementen sofort begehbar eingebaut werden konnten. Die Umsetzung erfolgte mittels BIM (Building Information Modeling), bei dem sämtliche Bauteilinformationen in ein digitales 3D-Modell eingeflossen sind.
Am Rand des Landschaftsparks Johannisthal, hat die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbh ein autofreies Quartier mit 314 Wohnungen, Gewerbeflächen, einer Großtagespflege für Kinder sowie einer Quartiersgarage mit 123 Stellplätzen für Elektrofahrzeuge und PKW errichtet. Von insgesamt 20 freistehenden Häusern wurden sieben in Holz-Hybridbauweise realisiert.
Zusätzlicher Raumgewinn:
Holzbauteile können vergleichsweise schlank ausgeführt werden, was einen Zugewinn an Nutzfläche bringt. Bei gleicher Wohnfläche benötigt ein Holzbau etwa 10% weniger Grundfläche.
Mit Leichtigkeit zu neuen Wohnraum:
Holzbauteile punkten durch geringe Bauteilgewichte. Die im Verhältnis zum Gewicht sehr hohe Tragfähigkeit erlaubt Aufstockungen, die nur geringe Zusatzlasten in die Bestandsgebäude einleiten.
Kosten- und Termintreue:
Holzbauteile können aufgrund des geringen Gewichtes der verwendeten Materialien großformatig sein, so lässt sich auch die Anzahl der Transporte sowie der Hebe- und Montagevorgänge erheblich reduzieren. Anwohner und Umwelt können geschont werden.
Flexibilität
Die Flexibilität der Konstruktion ermöglicht Nutzungsänderungen mit relativ geringen Umbaubudgets.
Klimafreundliche Bauweise:
Jeder Kubikmeter Holz, der als Ersatz für andere Baustoffe verwendet wird, reduziert die Emissionen in der Atmosphäre um durchschnittlich eine Tonne CO2.
CO2-Speicherung:
Ein Holzbauwerk hat bereits bei seiner Herstellung eine bis zu 90% günstigere CO2-Bilanz. Ein 5-stöckiges Gebäude aus Brettschichtholz kann beispielsweise bis zu 180 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter speichern.
Gute Wärmedämmeigenschaften:
Tragende Holzprodukte besitzen sehr gute Wärmedämmeigenschaften.
Ressourceneffizient:
Durch die Verwendung von Holz können Baustoffe auf der Basis von endlichen Materialien ersetzt werden.
Energieeffizient:
Holzkonstruktionen zeichnen sich durch hohe Energieeffizienz aus. Im modernen Holzbau sind Niedrigenergiestandards bis hin zum Passiv- oder Null-Energie-Haus einfach umsetzbar